Sonntag, 28. August 2011

NDS an den Klingnauer Stausee

Am 28. August stand seit langer Zeit wieder einmal eine Natrix-Exkursion auf dem Programm, deren Zielort erst einige wenige Tage im Voraus auf Grundlage aktueller spannender Beobachtungen ausgemacht wurde (= Natrix Dynamic System NDS).

Dieses Jahr fiel die Wahl auf den nahe gelegenen Klingnauer Stausee. Um 9.25 Uhr traf sich eine kleine Gruppe mit Eric, Dennis, David und Simon beim Treffpunkt am Zürich HB. Um 9.34 Uhr fuhr der Zug Richtung Baden ab, und wir kamen nach dem obligaten Umsteigen ebendort um 10.08 Uhr in Döttingen an.

Gleich machten wir uns auf den Weg Richtung Stausee. Zügig marschierten wir zum Föhrenparkplatz und vernahmen akustisch unser erstes Tüpfelsumpfhuhn. An gleicher Stelle weilte auch der seit längerer Zeit anwesende Löffler (ein Vogel im ersten Kalenderjahr, also ein Individuum, das dieses Jahr geschlüpft ist). Danach ging es weiter auf den Beobachtungsturm, wo wir die Schilfränder und den Horizont nach Vögeln absuchten.

Nach ein paar Minuten verliessen uns Eric und Dennis, um auf der Wiesen „Heugümper“ zu suchen. Die Ausbeute konnte sich sehen lassen:

Zweifarbige Beissschrecke

Wiesengrashüpfer

Langflügelige Schwertschrecke

In der Zwischenzeit hatten wir auf dem Turm beim Beobachten von Greifvögeln Erfolg, u.a. sahen wir einen durchziehenden Schwarzstorch, eine durchziehende Wiesenweihe und einige Wespenbussarde.

Nach einiger Zeit ging es weiter Richtung Bunker, wo wir 11 Limikolenarten feststellen konnten, u.a. Zwergstrandläufer und Dunkler Wasserläufer. Daneben zogen Schwarzstorch Nr.2, Rohrweihe Nr.1 und wieder einige Wespenbussarde an uns vorbei.

Mit der Zeit verlegten wir unseren Beobachtungsstandort zum Bunker, von wo aus wir Trauerseeschwalben, Habicht, Wanderfalke, Sperber, Rohrweihe Nr.2 und Schwarzstorch Nr.3 sahen.

Um 16.30 Uhr verliess uns Eric, der nach Hause musste und auch die drei übrig gebliebenen Natrixler marschierten etwas später zurück zum Bahnhof Döttingen, um um 18.19 Uhr den Zug zurück nach Zürich zu nehmen.

Mit 87 Vogelarten war dies eine sehr erfolgreiche Exkursion an den Klingnauer Stausee.

Für den Bericht: Simon Stricker; Fotos: Eric Christen

Mittwoch, 10. August 2011

Lager im Fanel/Chablais de Cudrefin, 8.-10. August

Dieses Jahr nahm sich also die Jugendgruppe Natrix der ruhmreichen, zugleich aber auch sehr verantwortungsvollen Aufgabe an, für den Schweizerischen Vogelschutz SVS/Birdlife Switzerland in den für schweizerische Verhältnisse grossräumigen Naturschutzgebieten am Südostufer des Neuenburgersees ein fünftägiges Lager für Jugendliche zwischen 8 und 17 Jahren zu organisieren.

Leider konnten Dennis, Dominic und Patrick den Beweis, auch ein schweizweit beworbenes Lager mit Bravour (kulinarische Höhenflüge und Raritäten à discretion eingeschlossen ;-)) durchzuführen, erst gar nicht antreten, da die Anzeigen in verschiedenen Publikationsorganen von Naturschutzorganisationen gerade mal sage und schreibe zwei Jugendliche ausserhalb der Natrix (Meo von der Seetauerstrecke und Lukas aus dem Emmental) zu einer erlebnisreichen Woche im Drei-Seen-Land überzeugen konnten. Da auch aus unseren eigenen Reihen nicht eben eine Flut von Anmeldung hereinkam - Yanik, Merlin und mit verspäteter Anreise die Gebrüder Hochuli (Kasimir und ein ausgesprochen aletschophiler Jakob) - entschieden wir Leiter uns, das Lager in abgespeckter Form durchzuführen. Konkret bedeutete dies eine Reduktion auf drei Tage und dementsprechend auch eine Verschlankung des Programms.

Deswegen nahmen wir an einem anfänglich noch verregneten Montagmorgen nach einer Reise von Romanshorn, Winterthur, Zürich oder dem Emmental aber keineswegs weniger motiviert den Weg ins Fanelhaus unter die Füsse resp. unter die Räder. Der Birkenhof und die umliegenden Felder zauberten schnell Kreuzchen in unsere Lagerliste und begeisterte Blicke auf die Gesichter der Teilnehmer: weniger Meter vor uns präsentierte sich mehrere Minuten lang ein sichtlich erboster Neuntöter frei auf einem Ast, sowohl farblich wie auch lautlich dezenter lauerte auf einem Pfosten das dazugehörige Weibchen. Über einem Kornfeld gaukelte eine Rohrweihe und liess sich ausgezeichnet studieren, und auf einem Acker suchten Saatkrähen nach Nahrung. Nahe der Hauptstrasse La Sauge - Gampelen standen einige Silberreiher stoisch und weiss in der Landschaft.

Nach der Einquartierung im Fanelhaus - dessen Infrastruktur sowohl quantitativ wie auch qualitativ eindeutig schon bessere Zeiten gesehen hat - ging es für Dennis, Meo, Merlin, Yanik und Lukas zuerst einmal auf Entdeckungstour in die Lagune. Unterdessen nahmen sich Dominic und Patrick des Einkaufs an, was sich wegen der riesigen Mengen an Produkten (hauptsächlich Fressalien, dieses Mal aber zusätzlich auch ein Wasserkocher...) wieder einmal als ausgesprochen halsbrecherisches und nicht strassenreglementkonformes Unterfangen erwies: unsere Fahrradtaschen und Gepäckträger vollgestopft und noch das eine oder andere am Lenker baumelnd rasten wir den Inser Buck hinunter. Heil unten angekommen durften wir uns mit dem starken Gegenwind abmühen, erreichten nach einer gefühlten Ewigkeit dann aber doch irgendwann unser trautes Heim im Fanel.

Wieder vereint machte sich die ganze Truppe auf den Weg zum Pavillon aka Gemshoger, nicht zuletzt, da ein Ausflug ins Limi-Eldorado Chablais de Cudrefin mit dem gerade sehr hohen Wasserstand wohl nur wenig lohnenswert gewesen wäre. Den schlechten Rastbedingungen im Chablais hatten wir es dann aber wohl zu verdanken, dass auf der Berner und der Neuenburger Insel eine verhältnismässig grosse Anzahl an Limikolen weilte. Unter anderem stellten wir Alpenstrandläufer, Bruchwasserläufer und als Höhepunkt eine juvenile Uferschnepfe fest. Weiter zogen ein Seidenreiher, Knäkenten, Graugänse sowie das Gefangenschaftsduo Kanada- und Streifengans ihre Aufmerksamkeit auf sich. Dazwischen machte hin und wieder jemand mit "Zwergdommel!" auf den Überflug unseres kleinsten Reihers aufmerksam, der meist schnell wieder im Schilfdickicht verschwand.

Nach diesen ersten Eindrücken meldete sich langsam der Hunger, und bald kehrten wir ins Fanelhaus zurück, wo wir zu Abend assen und bei einer langen Partie "Radio ABC DRS 3" unsere Lesefertigkeiten in Lozärnerisch üben und unsere Reaktionsschnelligkeit unter Beweis stellen mussten.

Der Dienstag stand nach einem ausführlichen Frühstück ganz im Zeichen des Birdraces: drei Gruppen versuchten, zwischen Frühstück und Abendessen im Fanel, dem Chablais de Cudrefin und dem angrenzenden Gebiet so viele Arten wie möglich festzustellen. Obschon das Konzept des Birdraces ein Wettkampf ist und wir uns gegenseitig keine Arten schenken wollten (von Seltenheiten natürlich einmal abgesehen, bei denen ist superoffene Kommunikationspolitik Ehrensache ;-)), besuchten alle drei Teams dieselben Gebiete in derselben Reihenfolge. Um die voraussichtlich schlechte Limikolenausbeute im Chablais wenigstens etwas wett zu machen, zog es uns zu Beginn ins SVS/ASPO-Zentrum La Sauge, wo wir aus den Hides immerhin Rotschenkel, Flussuferläufer und Bruchwasserläufer beobachten konnten. Einzelnen Gruppen gelang zudem die Beobachtung von Neuntöter und Sperber; der Eisvogel zeigte sich von seiner netten Seite und posierte für alle Gruppen vor seinem "eigenen" Hide. Weiter ging es durch den Chablais-Wald (Pirol, Trauerschnäpper und andere Kleinvögel) und an den Riedflächen (eine Familie Schwarzkehlchen, Neuntöter) vorbei auf den Chablais-Damm. Das Chablais de Cudrefin wartete - nicht ganz überraschend, aber dennoch zu unser aller Enttäuschung - nur mit wenigen neuen Arten auf. Bemerkenswert waren eine Zwergdommel sowie eine ausgesprochen relaxte Ringelnatter, die sich auf den Steinen der Mole in der Sonne fläzte. Ansonsten waren unsere Blicke und Fernrohre aber auf die Inseln ennet der Broye gerichtet, wo wir im Vergleich zum Vortag zwar vorerst auch nicht viel Neues entdecken konnten, immerhin aber unsere Artenlisten ein Stück voranbrachten. Einige Kreuzchen und ein Mittagspicknick später war es plötzlich wieder späterer Nachmittag und somit an der Zeit, wieder in die Deutschschweiz hinüber zu wechseln. Auf dem Gemshoger trafen wir auf die in der Zwischenzeit aus dem Bergell zurückgekehrten Hochulis, die dann prompt auch den von Lukas entdeckten ornithologischen Höhepunkt des Lagers miterleben konnten: ein noch in voller Pracht stehender Steinwälzer, der auf den Blocksteinen der Berner Insel Verstecken spielte und sich im Abstand von etwa drei bis vier Minuten immer wieder kurz bestaunen liess. Nach einer halben Stunde hatten alle Lagerteilnehmer wenigstens einmal zur rechten Sekunde an den rechten Ort geguckt und einen Blick auf diese attraktive Limikole aus dem hohen Norden erhaschen können.

Manche hatten beim Versuch, den Steinwälzer zu Gesicht zu bekommen, nicht nur mit dessen Versteckspiel zu kämpfen...
Foto: Dominic Martin

Wer nach Kreuzchen- und Steinwälzerjagd eine zwischenzeitliche Ab
wechslung nötig hatte, begab sich mit Jakob auf Heuschreckenpirsch und wurde u.a. mit dem Anblick einer Schiefkopfschrecke belohnt:

Schiefkopfschrecke im Fanel, 9. August 2011.
Foto: Jakob Hochuli

Die Abendessenszeit und somit das Ende des Wettlaufs rückte allmählichnäher und auf dem Weg zurück ins Fanelhaus musste noch die eine oder andere
Art aus den Hecken und Bäumen geschüttelt werden, wenn man sich beim späteren "Kassensturz" keine Blösse geben wollte. Arten wie Hausrotschwanz, Goldammer und verschiedene Waldarten komplettierten unsere Listen, die gewisse Gruppen aber auch nach dem offiziellen Ende um jeden Preis noch verlängern wollten. Diesem Ehrgeiz musste Patrick aber mit einem spontanen Registerwechsel in die Offiziersbefehlsprache einen Riegel vorschieben - wäre doch schade gewesen, wenn jemand zu spät zu Salat, Steinpilzrisotto und Schokocrème gekommen wäre! Auch ohne Verlängerungen kamen alle drei Gruppen auf Gesamttotals von 50 bis 64 Arten.

Ohne Worte.
Foto: Jakob Hochuli

Nach dem Dreigänger standen wieder Spiele auf dem
Programm: während eine Tischhälfte wieder nach Entsprechungen auf Beschreibungen wie "agriffig", "en medizinische Igriff", "halb nackt", "en Halbkanton", "Oschtdütsche", "das rüefed d Spanier", "Otto rückwärts" etc. etc. suchte, kämpften Kasimir, Dominic und Patrick um den Titel "Der König der Hütchen". Trotz Spieleifers überkam uns nach diesem Wettkampftag allmählich eine gewisse Müdigkeit, und mit der verheissungsvollen Ankündigung einer tollen Überraschung am letzten Lagertag legten wir uns schlafen.

Heiss erwartet war dementsprechend am nächsten Morgen das Aufbrechen. Unsere Destination hiess abermals Centre-nature ASPO La Sauge, wo wir uns zuerst noch eine Weile gedulden mussten, ehe uns der Zentrumsverantwortliche Carl'Antonio Balzari in ein Nebengebäude des Zentrums führte. Dort sass François Turrian an einem Computer, neben sich Massstäbe und eine Wage auf dem Tisch. Alten Natrix-Hasen wie Merlin dämmerte es, dass wir hier einer Beringung beiwohnen durften, und der Griff in ein auf scheinbar wundersame Art und Weise tanzendes Stoffsäckchen bestätigte die Vermutung. Der Beringer holte einen Singvogel hervor, den er zuerst von uns bestimmen liess. Nach einigen Diskussionen einigten wir uns auf eine junge Mönchsgrasmücke, die sogleich gewogen, vermessen und am Bein mit einem Ring versehen wurde, ehe sie durch das Fenster wieder in Freiheit entlassen wurde. Das Prozedere wiederholte sich unzählige Male - vielfach kamen dabei Meisen zum Vorschein, aber auch ein Teichrohrsänger zählte zu den Fänglingen, die in den Netzanlagen im angrenzenden Laubwald ins Netz gegangen waren. Zur grossen Begeisterung aller warteten auch ein Gartenrotschwanz und sogar ein junger Eisvogel auf die Vermählung mit der Schweizerischen Vogelwarte Sempach. Diese Arten durften wir vor dem Gebäude im wahrsten Sinne des Wortes eigenhändig freilassen. Der Eisvogel, aber auch eine Blaumeise wollten zur allseitigen Belustigung aber gar nicht mehr von der kuschligen Handfläche weg und liessen sich bis zum Abflug Zeit. Das gab uns Gelegenheit, diese attraktiven Geschöpfe noch einmal aus der Nähe zu studieren.

Kasimir mit Blaumeise. In der Mitte La Sauge-Zentrumsleiter Carl'Antonio Balzari.
Foto: Jakob Hochuli

Dem Eisvogel ist es auf Lukas' Hand sichtlich wohl...
Foto: Dominic Martin

... und er würde im Schwimmbad wohl jeden "Tote Maa"-Wettkampf für sich entscheiden!
Foto: Jakob Hochuli

Mit diesen einmaligen Eindrücken verabschiedeten wir uns nach rund eineinhalb Stunden Beringungserlebnis für diesen Sommer von der La
Sauge. Carl'Antonio Balzari und François Turrian danken wir an dieser Stelle herzlich für ihren Einsatz und ihre spannenden Erläuterungen!

Als Abschluss des Lagers stand noch einmal der Besuch des Gemshogers auf dem Programm, der sich in diesem Lager als bester Beobachtungsstandort erwiesen hatte. Leider konnten wir dort nach einer Stunde Beobachten keine Neuzugänge für unsere Lagerliste mehr verzeichnen, wurden aber immerhin nochmals mit dem Anblick einer Zwergdommel belohnt. Lohnenswert erwies sich einmal mehr die entomologische Erkundung der näheren Umgebung des Pavillons, konnten wir doch u.a. eine Grosse Goldschrecke feststellen.

Grosse Goldschrecke im Fanel, 10. August 2011.
Foto: Jakob Hochuli

Zurück im Fanelhaus galt es für die Teilnehmer, sich ans Packen zu machen. Nach einem Gruppenfoto ging es über die Felder zurück nach Ins, wo Merlin, Meo, Kasimir, Lukas und Yanik am frühen Abend den Zug ostwärts ins Emmental resp. die "Ostschweiz" (wie die Berner ja gerne alles östlich von Olten zusammenfassen ;-)) bestiegen und nach einem kurzen, aus der Sicht der Leiter aber v.a. kurz-weiligen und erlebnisreichen Lager in der Natur wieder in den Alltag zurückkehrten.

Gruppenfoto mit artigen und weniger artigen Lagerteilnehmern. Foto: Dominic Martin

Für den Bericht: Patrick Mächler