Samstag, 20. April 2013

Dritte Grundkursexkursion: Zürcher Innenstadt

Dem Grundkurs 2013 ist das Wetterglück einfach nicht hold: Hätte die Grundkursexkursion zum Lebensraum Siedlung an diesem 20. April zwei Stunden früher begonnen, hätten sich die fünf Teilnehmer und die drei Leiter Jakob, Merlin und Patrick im Schneegestöber auf die Suche nach Wanderfalke & Co. machen müssen. Da es aber zu Tagesbeginn etwas wärmer geworden war, begleitete uns auf der Exkursion glücklicherweise "nur" Nieselregen und keine Schneeflocken...

Nach der Begrüssung beim Kiosk Bürkliplatz erfuhren die Teilnehmer, dass sie der Stadtpolizei Zürich bei der Suche nach schwarz-grauen Räubern helfen müssen. Ein Phantombild und ein noch unvollständiges Signalement wurde den Teilnehmern ausgehändigt, damit sie mehr Informationen über den Namen, das Aussehen und den Aufenthaltsort der Räuber in Erfahrung bringen und schriftlich festhalten können. Mit diesem Auftrag machten wir uns auf, die Zürcher Innenstadt etwas näher auf ihre befiederten Bewohner zu untersuchen. Als wir uns dem Grossmünster näherten, hörten wir plötzlich seltsam metallische Rufe und zwischen den Giebeln der Altstadt sahen wir schwarze Gestalten vorbeifliegen... Wer das wohl sein könnte? Einige Meter näher beim Münster und nach einem Blick durch Merlins und Jakobs Fernrohre herrschte Gewissheit: Die gesuchten Räuber sind schon aufgestöbert! Wie uns Merlin verriet, heissen die klugen Kerle, die gerne mal beim McDonalds ein paar Pommes frites und andere Essensabfälle stibitzen, Dohlen. Er erzählte uns nicht nur, wie wir sie erkennen und bestimmen können, sondern auch, wie ihre Kinderstube aussieht. Dohlen sind Gebäudebrüter, die unter anderem unter dem Dach des Grossmünsters und anderer Gebäude ihre Jungen grossziehen. Wie andere Arten profitieren sie also direkt und indirekt vom Menschen und seinen Siedlungen. Allerdings finden die Zürcher Dohlen in der ausgeräumten Stadt oft zu wenig Futter für ihre Kleinen.

Merlin und Gian-Luis referieren über die Bestimmung der Dohle.
Nach dieser erfolgreichen Räubersuche konnten wir das Signalement auf dem Blatt vervollständigen. Weiter ging es auf dem Platz vor dem Grossmünster, wo Jakob über die Stadttaube berichtete, die einst ein Bewohner von Felsschluchten war und dann irgendwann bemerkte, dass Menschen jede Menge künstlicher Felsschluchten erschaffen, worauf sie  unsere Städte zu besiedeln begann. Hier vermischte sie sich mit freifliegenden Brieftauben, weshalb die Stadttaube heute in unendlichen Farbvariationen auftritt. An Anschauungsexemplaren mangelte es nicht, vor einer Tür mit schwarzen Silhouetten etwa lief ein bunter Haufen Strassentauben laut gurrend durcheinander.

Die Silhouetten an der Tür interessierten uns natürlich und wir wollten sie etwas näher unter die Lupe nehmen. Schnell fanden die Teilnehmer heraus, dass es sich um die Silhouette einer Schwalbe, eines Falken und eines Seglers handeln musste. Gemeinsam beschrieben wir, wie sich die Flugbilder dieser drei Luftakrobaten unterscheiden, damit wir die Arten auch bestimmen können, wenn die Lichtverhältnisse mal nicht so gut sind und wir einen Vogel im Gegenlicht bestimmen wollen.

Rauchschwalbe, Turmfalke und Mauersegler -
die Grundkürsler wissen, wer hier wer ist!


Bei dieser Trockenübung musste es aber nicht bleiben: Nachdem Patrick und Jakob einiges über Alpen- und Mauersegler erzählt hatten, wie etwa, dass sie die ersten zwei Jahre ihres Lebens nach dem Ausfliegen nur in der Luft verbringen, und zum Schlafen in höhere Luftschichten fliegen und dabei eine Hirnhälfte schlafen und die andere den Vogel im Autopilotenmodus weiterfliegen lassen, entdeckten wir am Himmel pfeilschnelle Vögel, die die Teilnehmer sofort als Mauer- und Alpensegler bestimmten. Besonders die Alpensegler flogen auch ihre Brutplätze am Münster an und zeigten beim An- und Abflug nicht nur ihre schneeweissen Bäuche und Kehlen, die sie vom Mauersegler unterscheiden, sondern liessen auch ihren typischen Triller hören. 

Langsam wurde uns kalt - zwar war es wie eingangs erwähnt etwas milder geworden, aber frühlingshaft waren die Temperaturen deswegen noch lange nicht. Um wieder etwas wärmer zu bekommen, spielten wir ein "Falkenfangis", bei dem sich sowohl Jäger wie auch Gejagte ordentlich ins Zeug mussten, wie das Foto unten zeigt:

Ein Doppelfalke macht im spätwinterlichen Zürich Jagd auf Beute.
Trotz mehrerer Durchgänge froren wir immer noch ein wenig - es war aber auch schweinekalt! Gut, hatten wir Aerobictrainer Merlin Hochreutener dabei, der kurzerhand eine ornithologisch inspirierte Aufwärmübung aus dem Ärmel schüttelte. 

Wenigstens ein klein bisschen aufgewärmt begaben wir uns nun zum Gymnasium Hohe Promenade ob dem Bahnhof Stadelhofen. Hier arbeitete ein Vogel für einmal sehr schön mit uns zusammen: Während Jakob die Bestimmung der Mönchsgrasmücke erläuterte, begann ein Männchen dieser Art gleich neben ihm aus voller Kehle singen. An dieser Zusammenarbeit hätten sich Hausrotschwanz, Wanderfalke und Gartenbaumläufer gerne ein Beispiel nehmen können, denn weder vor noch nach der Präsentation dieser Vögel durch Merlin und Patrick wollten sich uns diese Kulturfolger zeigen... 
Während dem Hausrotschwanz wie schon der Stadttaube die Schluchten der Stadt wie die Felsen seines ursprünglichen Verbreitungsgebietes vorkamen, und er deshalb sein Vorkommen so weit ausdehnen konnte, dass er heute der am weitesten verbreitete (nicht aber der häufigste!) Brutvogel der Schweiz ist, lockten den Wanderfalken nicht nur die Aussicht auf Brutplätze an Kehrichtverbrennungsanlagen oder auf Türmen, sondern auch ein reich gedeckter Tisch in die Städte: Die hier häufigen Strassentauben sind für den Wanderfalken ein gefundenes Fressen, das er in einer Kombination von List und Schnelligkeit erbeutet. Wanderfalken kreisen nämlich gerne in grosser Höhe und stürzen sich in grosser Geschwindigkeit hinunter, wenn sie unter sich einen Schwarm leckerer Strassentauben entdecken. Sein nichtsahnendes Opfer tötet er meist schon durch die blosse Wucht des Aufpralls. 
Als unauffälligen Bewohner von Gärten und Parks lernten wir den weiss-braunen Gartenbaumläufer kennen, der zwar wie der Kleiber gerne senkrecht die Bäume emporklettert, anders als dieser aber nicht wieder kopfüber hinuntermarschiert.

Nach diesen Ausführungen galt es im Spiel "wahr oder falsch", das auf der Exkursion erlernte Wissen unter Beweis zu stellen. Die Teilnehmer sowie Merlin standen sich drei und drei gegenüber und mussten in Sekundenschnelle entscheiden, ob die Aussagen, die Patrick vorlas, wahr oder falsch waren. Waren sie richtig, also real, jagten die Wanderfalken auf der einen Seite ihre Gegenüber, die Strassentauben. Waren sie hingegen falsch, stand die Welt Kopf, und so mussten die Strassentauben wie in einer verkehrten Welt die Wanderfalken jagen. Die Teilnehmer wussten die schwierigen Fragen (fast) immer richtig zu beantworten, und so kam es nie vor, dass der Gejagte dem Jäger direkt in die Fänge flog.

Nach dieser actionreichen Schluss"prüfung" mussten wir schon wieder den Rückmarsch zum Bürkliplatz antreten, wo die Teilnehmer von ihren Eltern in Empfang genommen wurden. Trotz schlechten Wetters machte uns Leitern die Exkursion Spass, wir hoffen aber dennoch inständig, dass das Wetter auf der nächsten Exkursion, auf welcher wir die Vogelwelt am und um den Katzensee erkunden, etwas besser sein wird...

Bilder: Jakob Hochuli
Bericht: Patrick Mächler.