Sonntag, 22. Mai 2016

Abenteuer StadtNatur

Die Natrix wurde von Stefan Heller angefragt, ob sie nicht eine Exkursion am Anlass "Abenteuer StadtNatur" anbieten wolle. Unter diesem Namen fanden etliche Exkursionen, die der Natur gewidmet sind, in und um Zürich statt. Mit dem Ziel, der Bevölkerung zu zeigen, dass sich Stadt und Natur nicht zwingend ausschliessen müssen, organisierte die Natrix in Höngg eine Schwalbenexkursion.
In Höngg hat sich um die Garage Zwicky in den letzten Jahren eine Mehlschwalbenkolonie angesiedelt - dank künstlichen Nisthilfen, die an vielen Häusern angebracht sind. Da sich die Schwalben hier weitestgehend an den Menschen gewöhnt haben, bieten sie ideale Beobachtungsmöglichkeiten. Während zweieinhalb Stunden bestaunten die 14 Teilnehmer die Flugkünstler und erfuhren in vier Posten viel über Bestimmung, Brutbiologie, Zugverhalten und Gefährdung und Förderung der Mehlschwalbe.
Dank des idealen Wetters und den interessierten Teilnehmern war die Exkursion ein voller Erfolg.

Bericht: Eric Christen.

Sonntag, 8. Mai 2016

Auffahrtslager in der Westschweiz, 5. bis 8. Mai 2016

Traditionellerweise führt die Jugendgruppe Natrix jeweils über Auffahrt ein Beobachtungslager durch – so auch dieses Jahr. Im Frühling jedes Schaltjahrs wird der Wasserstand am Genfersee um 90 Zentimeter statt den üblichen 60 Zentimetern abgesenkt. Dadurch zeigten sich bei den Naturschutzgebieten Grangettes und Préverenges riesige Schlickflächen, die gerne von Limikolen als Rastmöglichkeit genutzt werden. Da wir diese günstigen Beobachtungsbedingungen nutzen wollten, verbrachten wir dieses Jahr die ersten zwei Tage des Auffahrtslagers am Genfersee. Am dritten Tag ging es dann weiter ins legendäre Fanel, wo wir traditionell jedes Frühjahr zu Gast sind. Wir wünschen viel Lesespass!

Erster Tag - Donnerstag, 5. Mai 

Um 9 Uhr stiegen wir in den Zug Richtung Morges. Unterwegs stießen dann noch Linus und Flurin zu uns. In Morges angekommen nahmen wir den Bus in Richtung Préverenges. Auf der Île de Préverenges, einer künstlichen Kiesinsel im Genfersee, konnten wir unter anderem Temminckstrandläufer, Flussuferläufer, Grünschenkel und Flussregenpfeifer beobachten. 

Aktives...
... und weniger aktives Beobachten in Préverenges.

Von da aus ging es mit dem Bus nach Renens, wo wir den Zug nach Villeneuve nahmen. Von dort aus mussten wir dreiviertel Stunden zum Campingplatz laufen, sehr zum Missfallen einiger Teilnehmer. Auf dem Campingplatz waren unsere Zelte zu unserem Erstaunen schon aufgestellt. Nach dem Einrichten der Zelte gingen wir alle auf den Damm, wo wir Arten wie Brandgans, Seidenreiher und Eiderente beobachteten.
Nach der Rückkehr gab es im Restaurant Abendessen, welches aus Salat und Spaghetti bestand. Nachdem wir dieses deliziöse Mahl zu uns genommen haben, haben wir zwei Gruppen gebildet. Die einen gingen mit Nikolai, der während des Essens eingetroffen war, „Guetsli-Birden“ auf dem Damm (für jede Grasmücke gab es ein Guetsli), während die anderen nach Chez Bonnet gingen, wo allerdings nichts Spannendes zu beobachten war. Als wegen der Dunkelheit allmählich nichts mehr zu sehen war, verabschiedeten wir uns von Nikolai, der wieder zurück in seine WG in Lausanne fuhr, und legten uns schlafen. Die Nacht sollte ziemlich kalt werden. Wer einen warmen Schlafsack dabei hatte, war also im Vorteil…

Le crépuscule tombe sur les Grangettes.

Text: Lukas & Linus

Zweiter Tag - Freitag, 6. Mai

Nach dem Frühstück suchten wir die Felder in der Nähe des Campingplatzes ab, bekamen aber leider nichts Spezielles zu Gesicht. Alsbald gingen wir zum Damm. Auf dem Weg hörten wir ein Schwarzkehlchen und einen Drosselrohrsänger. Vorne angekommen waren da die klassischen Wasservögel wie Flussseeschwalben, Mittelmeermöwe und Haubentaucher. Etwas überraschend sahen wir eine Schellente, die bei uns eigentlich vor allem ein Wintergast ist. Ein Teil unserer Gruppe war zurückgeblieben und benachrichtigte uns per Telefon über einen möglichen Iberienzilpzalp. Im Affentempo eilten alle zu der Stelle, wo uns der kleine Singvogel seinen Gesang vortrug. Dennis nahm den Gesang mit seinem Aufnahmegerät auf. Es stellte sich mit der Zeit aber heraus, dass es sich „nur“ um einen Zilpzalp mit Mischgesang handelte, da er nie den astreinen Gesang des Iberienzilpzalps zeigte. Nach dieser interessanten Beobachtung und von der starken Sonne etwas ermüdet, gingen wir zum Campingplatz zurück und spielten Pingpong oder ruhten uns aus. 

Sleep, eat, go birding... and play ping pong!

Nach vielen rasanten Runden Pingpong, erholsamem Schlaf und sonstigem lustigem Zeitvertreib gingen wir gegen Abend wieder ins Feld. Die einen gingen nach Chez Bonnet, während die anderen vom Damm aus nach Raritäten suchten. In Chez Bonnet war ausser Schafstelze, Seidenreiher und Knäkente kaum etwas zu sehen. Allerdings trafen wir auf Mathieu, der uns Fotos von einem unbestimmten, nach Bairdstrandläufer aussehenden Strandläufer zeigte. Nach minutenlangem Suchen flog der Vogel dann plötzlich wieder vom nicht einsehbaren Bereich hinter dem Schilf hervor und stocherte etwa 200 Meter entfernt nach Nahrung. Die Bestimmung des mysteriösen und möglicherweise aus Nordamerika stammenden Strandläufers war ein scheinbar unmögliches Unterfangen – das Einzige, was wir tun konnten, war viele Fotos vom Vogel anzufertigen. Nach etwa einer halben Stunde Beobachtungszeit flog der Vogel allerdings wieder davon.
Nach dieser wirklich außergewöhnlichen Beobachtung gingen wir ins Restaurant, wo uns eine feine Rösti zum Znacht erwartete. Wir aßen ziemlich schnell, wollten wir doch danach wieder den Strandläufer suchen gehen. Wir eilten mit Fernrohr und Fotoausrüstung zum Beobachtungsturm, wo wir allerdings nicht fündig wurden. Dafür kreuzte zu unserer Überraschung ein Biber auf, der im Wasser eine Runde drehte und sich ausgezeichnet beobachten ließ.
Der Strandläufer entzog sich an diesem Abend weiterhin einer sicheren Bestimmung, wir vermuten aber immer noch den Bairdstrandläufer, was übrigens ein Erstnachweis für die Schweiz wäre! Die besten Ornithologen aus der Schweiz und ganz Europa sowie einige aus den USA befassen sich nun mit der Bestimmung des Vogels anhand der Fotos. Wir sind gespannt, zu welchem Urteil sie gelangen...

Text: Leon, Levi & Benjamin

Dritter Tag - Samstag, 7. Mai

In aller Hergottsfrühe klingelte der Wecker und alle standen auf, da wir den mysteriösen Strandläufer natürlich unbedingt nochmals sehen und auf keinen Fall verpassen wollten. Trotz intensiver Suche konnten wir ihn aber nicht mehr finden. Auf dem Rückweg zum Zmorgenbuffet sahen Levi und Merlin, die sich etwas länger Zeit gelassen hatten, eine Zitronenstelze, die von Mathieu entdeckt worden war. Alle anderen waren schon beim Frühstück. Bis diese wieder nach Chez Bonnet zurückgerannt waren, war die Zitronenstelze allerdings schon wieder verschwunden und so konnten nur zwei von uns einen Blick von dieser sehr seltenen Art erhaschen. Zurück beim Campingplatz konnten wir dann endlich unser verdientes Frühstück essen – waren wir doch schon seit 5.00 Uhr und damit vier Stunden auf den Beinen. Nach dem Frühstück packten wir alle sieben Sachen und machten uns auf den anstrengenden Weg vom Campingplatz nach Villeneuve. Von dort fuhren wir mit dem Zug via Lausanne, Yverdon und Neuchâtel nach Ins, wo wir unsere Velos abholten und dann sogleich weiter in Richtung Fanel radelten. Auf dem Weg vom Bahnhof Ins zum Fanelhaus konnten wir mitten in einem Rapsfeld (!) eine schöne männliche Pfuhlschnepfe im Prachtkleid beobachten. 

Verdient definitiv das Natrixprädikat "özzig":
der Rastplatz der Pfuhlschnepfe mitten in einem Rapsfeld!
Foto: Patrick Mächler.

Am Morgen hatten wir noch gefroren, aber nun war es so heiß, dass uns nichts Anderes übrig blieb, als im Schatten zu pausieren. Flurin und Merlin flickten unter grosser Anstrengung Flurins Velo, während die anderen auf den Berner Turm gingen. Viel gab es aber nicht zu sehen. Die Meldung einer Zwergseeschwalbe im Chablais de Cudrefin veranlasste uns zum baldigen Aufbruch. Flurins Velo war zwar auf dem Hinterrad wieder fit, nun gesellte sich zum Loch am Hinterrad aber auch noch ein Loch am Vorderreifen dazu. So musste Flurin mit Merlins Gepäckträger vorlieb nehmen. Im Chablais de Cudrefin präsentierte sich die Zwergseeschwalbe schön auf den Pfosten der ersten Reihe sitzend.

Eine unglaublich putzige Zwergseeschwalbe (trotz des Schilfs davor).
Foto: Patrick Mächler.

Weiter gab es noch Mittelsäger, Zwergmöwe, Steppenmöwe und Trauerseeschwalbe zu bewundern. Leider konnten wir weder die Präriemöwe, die am Donnerstag das letzte Mal gesehen wurde (2. Nachweis für die Schweiz), noch eine erhoffte Weissflügelseeschwalbe beobachten. 

Steppen- statt Präriemöwe: eine eher spätes Exemplar im zweiten Kalenderjahr.
Foto: Patrick Mächler.

Auf dem Rückweg sahen wir (im wunderschönen Sonnenuntergangslicht) dafür noch eine Wanderratte, die sich an einem toten Fisch verköstigte und sich von unseren Blicken nicht stören ließ. Beim Schilf präsentierten sich zwei Bartmeisen sehr schön. 

Romantiker mussten bei diesem Anblick nur den Duft von verwesendem Fisch sowie das Geschmatze und Genage der Wanderratte im Hintergrund ausblenden, und schon war das Leben perfekt ;-)
Foto: Patrick Mächler.

Alle hatten einen Bärenhunger und konnten den Risotto gar nicht erwarten. Patrick verabschiedete sich wieder von uns, der für einen Tag mit uns unterwegs gewesen war. Im Fanelhaus gab es schließlich nach etwa einer halben Stunde den heißersehnten Risotto. Alle stürzten sich sofort darauf. Zum Glück wurde genügend gekocht, so dass auch wirklich alle Mägen adäquat versorgt werden konnten. Danach gingen wir schlafen, was uns nach diesem langen und heissen Tag wirklich nicht schwerfiel ;-)

Text: Flurin

Vierter Tag – Sonntag, 8. Mai

Die unentwegten Frühaufsteher Benjamin, Lukas, Ruben, Linus und Leon hatten keine Probleme, als der Wecker um 4.45 Uhr in der Früh klingelte. Die anderen schon eher. Während Flurin, Levi, Elias, Alina und Merlin eine Stunde später folgten, nahm der Rest mit dem warmen und kuschligen Bett vorlieb… ;-)
Im Chablais de Cudrefin waren in der Früh unter anderem zwei Kuhreiher zu beobachten. Ebenfalls speziell war ein Trupp von mindestens 80 Trauerseeschwalben. Nebst den üblichen Arten wie zum Beispiel Rohrschwirl gab es nichts Neues mehr zu sehen. Als die Mägen der Frühaufsteher langsam zu knurren begannen, war es an der Zeit, zurückzugehen. Im Fanelhaus waren die andern gerade erst aufgestanden. So mussten die Frühaufsteher den Zopf in den Ofen schieben. Als der Tisch gedeckt und alle Schlafmützen geweckt waren, war auch der Zopf soweit und wir konnten zmörgelen. Frisch gebackener und noch warmer Zopf, Schweizer Blütenhonig und Milch mit Cornflakes – was will man mehr? 
Danach kam der etwas anstrengendere Teil, das Putzen und Packen. Dieser Prozess sollte dieses Jahr länger dauern als auch schon… Ob die heißen Temperaturen, die einige anstatt vom Putzen abhielten und stattdessen wie lampige Salatblätter im Gras rumliegen ließen, oder der mangelnde Schlaf die Ursache waren, konnte nicht abschliessen eruiert werden. Fakt ist: Es gibt noch Luft nach oben! ;-)
Nach dem obligatorischen Gruppenfoto schwangen wir uns auf die Sättel, um zurück zum Bahnhof Ins zu radeln. Bei der Fruchtschüür, wo wir im Schatten und im Stroh unseren Zmittag aßen, konnten wir noch drei schöne Neuntöter, eine aus voller Kehle singende Dorngrasmücke, einen Steinschmätzer sowie mehrere Grauammern beobachten. Danach ging es weiter nach Ins, wo wir unsere Velos am Bahnhof wieder nach Hause zurückschickten, bevor wir selber in den Zug einstiegen und nach Hause fuhren.

Freuen sich schon auf eine Neuauflage im kommenden Jahr:
die Teilnehmer des Auffahrtslagers 2016 beim Fanelhaus.

Zu Ende ging ein tolles und erfolgreiches Lager, bei dem 137 Vogelarten sowie ein möglicher Bairdstrandläufer beobachtet werden konnten. Die nächste Woche hatten wohl alle ein Schlafmanko aufzuholen. Leon, Ruben, Levi und Merlin machten am Abend noch einen leider erfolglosen Ausflug ins aargauische Mühlau, wo am Mittag noch zwei Rotflügelbrachschwalben anwesend waren. Gerade die beiden Appenzeller waren deshalb erst gegen 23.00 Uhr zu Hause…

Text: Merlin

Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Merlin Hochreutener.