Samstag, 24. April 2010

Anstatt eines Birdraces, 24. April 2010

Da das Natrix-Birdrace aufgrund einer sehr geringen Teilnehmerzahl abgesagt werden musste, einigten sich die Angemeldeten auf eine spontane Exkursion. Und die Frage nach dem Wohin erübrigte sich dank David, der zwei Tage zuvor in Wallbach, Kanton Aargau, einen Iberienzilpzalp entdeckt hatte – Erstnachweis für die Schweiz! Die Gaiser Fraktion mit Kasimir, Merlin und mir stieg schon um 5.50 Uhr in Gais in den Zug. Entgegen der Vereinbarung stieg Dennis in Winterthur nicht zu, wofür er den Wecker verantwortlich machte.
In Wallbach angekommen machten wir uns voller Erwartung Richtung ARA auf. Hier sang nun der Ausnahmegast und trug uns aufdringlich aber wunderschön seine Strophen vor. Natürlich durften zum „Ausländer“ auch ein paar Witze à la Ch. Mörgeli nicht fehlen. Nachdem wir uns ausgiebig über den Sänger, der sich zwischendurch exponiert zum Anschauen zur Verfügung stellte, gefreut hatten, kam dann auch Dennis gelaufen. Auf der gleichen Lichtung konnten wir danach aus kürzester Distanz zwei Trauerschnäpper-Männchen beobachten, die sangen und sich für ein Fotoshooting präsentierten.

Erhält eine befristete Aufenthaltsbewilligung: der Iberienzilpzalp von Wallbach, Erstnachweis für die Schweiz

Auch ein singender Waldbaumläufer und ein Sommergoldhähnchen konnten wir im gleichen Gebiet feststellen.
Am Nachmittag verliessen wir das Gebiet mit dem Vorhaben, der Linthebene noch einen Besuch abzustatten. Bei den Teichen südlich der Linth nahe Benken zeigte sich in der Spätnachmittagssonne ein immaturer Nachtreiher. Anschliessend gingen wir ins Kaltbrunnerried, wo wir ausser einer kreischenden Wasserralle bei Sonnenuntergang keine nennenswerten Arten mehr ausmachen konnten. So brachen wir glücklich, mit dem Wissen einen Erstnachweis beobachtet zu haben, nach Hause auf.

Bericht und Foto: Jakob Hochuli

Samstag, 17. April 2010

Vierte Grundkursexkursion: Katzensee

Die vierte Exkursion vom 17. April führte an den Katzensee. Dort wollten wir Kulturland- und einige Riedvogelarten kennenlernen. Die 19 Teilnehmer/innen machten sich um 8 Uhr zusammen mit Jonas, Simon und Fabian auf den Weg. Dank dem Vulkan auf Island hatten wir einen fluglärmfreien Morgen - eine seltene Sache am Katzensee.Nach dem Überqueren der lauten Autobahn tauchten schon die ersten Vögel auf. Als erstes trafen wir auf eine Wacholderdrossel. Danach ging es weiter mit einigen Waldarten wie Buntspecht und Kohlmeise. Eine wunderbare Gelegenheit, schon besprochene Vogelarten erneut anzuschauen. Mit Star und Ringeltaube gab es aber auch neue Arten zu bestaunen. Am See schliesslich waren neben Stockente und Blässhuhn auch ein paar Löffelenten zu beobachten.
Nach einer Pause brauchten alle ein wenig Bewegung, um wieder warm zu werden. Diese bekamen wir in mehr als ausreichendem Masse bei einem Turmfalken-Maus-Fangis. Das Ziel der Mäuse war, die auf der Wiese verteilte Nahrung zu sammeln und zu ihrem Bau zu bringen. Die Turmfalken hatten jedoch anderes im Kopf und verfütterten die Mäuse kurzerhand ihren Jungen.

Instruktion für das Turmfalken-Fangis

Unterbrochen wurde das Spiel nur durch sechs durchfliegende Silberreiher und kurz darauf erneut von einer Rohrweihe.
Nach dem Aufwärmen machten wir uns wieder auf, weitere Vögel zu suchen. Ein Grauspecht präsentierte sich sehr schön vor unserer Gruppe.

Grauspecht fotografiert von Jakob Hochuli

Auch Rotmilan, Mäusebussard und Turmfalke sowie Rabenkrähen liessen sich blicken. Gegen Ende beglückte uns noch eine Feldlerche mit ihrem Gesang.
Ein letztes Highlight war der Mäusebussardflügel, den Jonas der Gruppe zeigte. Selten sieht man die Zeichnung der Vögel so genau. Daneben demonstrierte Jonas auch, wie sich die Federn von Bussarden und Schleiereulen unterscheiden. Die weichen Eulenfedern sind beim Bewegen kaum hörbar, während die viel härteren und steiferen Bussardfedern ein deutliches Geräusch verursachen. Der lautlose Flug ist für die Eule wichtig, damit sie von ihren Beutetieren - die sich wie viele nachtaktive Tiere hauptsächlich auf das Gehör verlassen - nicht bemerkt wird. Für den Bussard, der ausschliesslich am Tag jagt, ist ein unhörbarer Flug unbedeutend.
Nach dieser Demonstration machten wir uns schon wieder auf den Rückweg zur Busstation. Die vier Stunden sind wie im Flug vergangen.

Samstag, 10. April 2010

Dritte Grundkursexkursion: Zürcher Innenstadt

Für einmal mussten die Grundkursteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht allzu früh aufstehen. Zu dieser Exkursion in die Zürcher Innenstadt trafen wir uns um 10:15 beim Bellevue, wo Patrick mit einer sehr spannenden Mitteilung wartete. Er wurde von der Stadtpolizei Zürich um die Mithilfe bei der Suche nach einer grau-schwarzen Bande angefragt. Ohne lange zu zögern, beschlossen die GrundkürslerInnen, der Polizei bei der Suche zu helfen. Mit einem Fahndungsfoto ausgestattet machten wir uns auf den Weg in Richtung Grossmünster, wo die Bande zuletzt gesehen worden sei.


Bereits nach wenigen Metern tauchten die ersten Verdächtigen auf einem Hausdach auf. Mit Feldstecher und Fernrohr wurde genau überprüft, ob es sich um die gesuchte Bande handelt. Dem war jedoch nicht so! Es stellte sich heraus, dass auf den Dächern Strassentauben gelandet waren. Weiterhin sehr motiviert ging die Suche weiter. Kurz vor dem Grossmünster waren komische Rufen zu vernehmen. Was war das? Schnellen Schrittes nährten wir uns den Rufern, welche sich jedoch lange versteckt hielten. Plötzlich erschien eine Gruppe von sieben schwarzen Vögeln über den Dächern. Bereits im Flug kam bei einigen der Verdacht, dass es sich hier um die gesuchte Bande handeln könnte. Diese landete nach einer kurzen Runde über unseren Köpfen auf dem Dach des Grossmünsters. Dort konnte die Vermutung bestätigt werden. Die Vögel zeigten genau die auf dem Fahndungsfoto abgebildeten Merkmale, wie zum Beispiel den grauen Nacken und das helle Auge. Rasch wurde das Signalement ausgfüllt, welches anschliessend an die Exkursion von Jonas bei der Stadtpolizei vorbeigebracht wurde. Nach der Durchsicht des Bestimmungsbuches wurde einstimmig beschlossen, dass es sich bei der Bande um Dohlen handeln muss, welche sogar am Grossmünster brüten.

Vor dem Grossmünster.

Während einige noch dabei waren, die Dohlen zu beobachten, wie sie Moosstücke vom Kirchendach rissen und in ihre Löcher in den Türmen flogen, entdeckten Rémy und die zwei Dominics in einem nahen Gestrüpp Haussperlinge (Spatzen). Nachdem alle die nahezu handzahmen Haussperlinge ausgiebig beobachtet hatten, erklärte Jonas, dass es um die Haussperlinge in der Stadt nicht so gut steht, wie man meinen könnte. Die Haussperlinge in der Stadt haben grosse Probleme ihre Jungen gross zu ziehen, da es an Insekten als Nahrung fehlt. Pommes frites und andere Fast Food-Überreste sind auch für junge Spatzen keine gesunde und gute Ernährung. Etwas geschockt über diese traurige Entwicklung ging die Exkursion anschliessend weiter.
Beim Kunsthaus liess sich ein Hausrotschwanz über längere Zeit beim Singen beobachten. Es schien, als wolle er mit seinem kratzigen Gesang den ziemlich störenden Verkehrslärm übertönen. Als ursprünglicher Bewohner der Felslandschaften, hat der Hausrotschwanz in den Städten einen Ersatzlebensraum gefunden, welchen er an vielen Orten nutzt. Wie die Spatzen ist der Hausrotschwanz aber auch auf Insekten als Nahrung und somit auf Grünflächen, wo sich diese entwickeln können, angewiesen.
Nach den Ausführungen zum Hausrotschwanz durch Patrick hatten wir uns eine Pause verdient, die wir mit Blick über die Stadt und den Zürichsee auf der Terasse über der Kantonsschule Stadelhofen genossen.

Der Mauersegler verbringt die ersten zwei Lebensjahre in der Luft!

Auf dem Rückweg zum Bellevue liess sich dann nochmals ein wunderschönes Hausrotschwanzmännchen beim Singen beobachten. Sein kratziger Gesang, der hoffentlich den meisten im Gedächtnis bleibt, rundete die Exkursion in der Zürcher Innenstadt ab.

An dieser Stelle möchte ich noch den Dank der Stadtpolizei Zürich an die GrundkürslerInnen weitergeben. Nachdem ich der Polizei das Fahndungsprotokoll übergeben hatte, konnte diese die "schwarz-graue Bande" von Dohlen endlich finden.

Bericht: Jonas Landolt.

Mittwoch, 7. April 2010

Osterlager Westschweiz, 2. - 5. April 2010


Tag 1, 2. April 2010
Etwas enttäuscht waren die meisten der acht Natrixler schon, als sich um 11 Uhr auf den kümmerlichen Sandflächen in Yverdon-les-Bains keine einzige Limikole (und somit auch kein Seeregenpfeifer, der Tag zuvor noch gemeldet wurde) blicken liess. Abgesehen von zwei Eisvögeln und einigen Löffelenten herrschte auch in der übrigen Mujon-Bucht gähnende Leere. Immerhin verkürzte uns ein treuer vierbeiniger Zeitgenosse (wieso überrascht uns ein Vorfall mit Hunden in der Kombination „Natrix – Yverdon-les-Bains“ nur wenig? Vergleiche hierzu auch Tag 2) das Warten auf spannendere Arten: eine geschlagene Viertelstunde starrte dieser unentwegt den unschuldig den See absuchenden Dennis an, bis sein wutentbranntes Herrchen aggressiven Schrittes daher getrampelt kam und mit „Viens ici“-Rufen zum sofortigen Gehorsam aufrief. Zuvor hatten wir die Promenadenmischung nur mit ungläubigen „Ja, bitteeeeeeeee?“bedacht und uns laut gefragt, was denn an Dennis so ungeheuer faszinierend sein kann … ;-).

Ja, bitteeeee?

Bald war unsere Aufmerksamkeit aber wieder auf die lokale Avifauna gerichtet, denn zwei Alpenstrandläufer, ein Schwalbenschwarm, drei Heringsmöwen, eine überfliegende Schwarzkopfmöwe und ein mysteriöser Seetaucher luden im Verlauf der folgenden Stunden zum längeren Verweilen ein. Zwischenzeitlich trudelten auch David und Nikolai ein, wobei eine angeregte Diskussion über die Artzugehörigkeit des Gavia spec. im zweiten Kalenderjahr entstand, welcher nach langem Hin und Her und der Konsultation eines pdf-Artikels (i-Phone sei Dank!) über die Bestimmung von Pracht- und dem neulich vermehrt in Europa auftauchenden Pazifiktaucher als Prachttaucher angesprochen werden konnte. Das angestrengte Absuchen des Sees brachte neben dieser Gewissheit auch weitere Besonderheiten aus dem hohen Norden: auf einen Eistaucher im Schlichtkleid folgten zwei Sterntaucher, und mind. ein Prachttaucher im prächtigen Prachtkleid (es lebe die schlechte Alliteration!).

Das Osterwochenende dürfte mit max. 14 Natrixlern als das das bezüglich Teilnehmerzahl grösste Lager in die Vereinsgeschichte eingehen. Die engen Platzverhältnisse in den Fahrradabteilen der Züge brachten es mit sich, dass die Gruppe gestaffelt via Ste-Croix nach L’Auberson vor der schweizerisch-französischen Grenze reisen musste. Aus dem Zug versüsste eine prächtige Aussicht über das Schweizer Mittelland inkl. Neuenburgersee und über Teile der Alpen dem Fahrgast die Fahrt ins „Watch Valley“ (gern geschehen, Schweiz Tourismus).

Aussicht aus dem Regionalzug nach Ste-Croix

In der Unterkunft „La Grange“ wurden zuerst einmal Pingpong-Tisch und Töggelichaschte (baby foot, sprich: I babifut I) eingeweiht, ehe gemütlich u.a. Gaufrettes du Jura, Studentenfutter, Tuc, Früchte und nicht zuletzt d i e Gaumenfreuden des Abends, Waffeln mit Senf resp. Gravensteiner mit Senf, an Pingpongtisch Nummer 2 zum Z‘nacht eingenommen wurden .

Dominic auf kulinarischen Abwegen: pomme à la moutarde

Kurz bevor die Dämmerung vollends über die noch Schnee bedeckten Hänge hereinbrechen sollte, machten wir uns in Richtung der artenreichen Wälder an der französischen Grenze auf. In der Heimat von Eule und Raufusshuhn angekommen begrüsste uns ein Schwarzspecht mit seinem ganzen Spektrum an Rufen, und über die Lichtung flog ein adulter Wanderfalke mit Beute in den Fängen. Danach hiess es sich in Geduld und Stillsein üben, bis uns *Mänu (vollständiger Name den Teilnehmer bekannt) per Telefon darüber in Kenntnis setzte, dass nur ein Waldweg weiter unten ein Raufusskauz nicht nur ausgezeichnet gehört, sondern sogar bestens gesehen werden konnte. Hoffnungsvoll nahm die Gruppe eine kleine Wanderung ins schöne Frankreich unter die Füsse, und konnte unter *Mänus mehrfachem „sensationell“ an einer wohl einzigartigen Beobachtung teilhaben: nur wenige Meter vor uns sang ein Raufusskauz in einer Tanne und liess sich dabei wunderbar beobachten und von unserer Anwesenheit offensichtlich kaum stören. Auch wenn das Licht für gute Bildaufnahmen nicht mehr weit reichte, sagt folgendes Foto wohl mehr als tausend Worte:

Ein sensationeller Raufusskauz, Foto Jakob Hochuli

Zurück der Schweiz konnten leider nur zwei Teilnehmer den typischen Balzgesang einer Waldschnepfe vernehmen, doch allen führten mind. drei weitere singende Raufusskäuze auf kleinem Raum den ungewöhnlichen Artenreichtum und die bemerkenswert hohe Bestandsdichte seltener Arten vor Augen. Nach der Rückkehr in die Unterkunft gönnten sich die einen vor dem Zubettgehen Abendessen Nummer 2, während sich die anderen in Tischfussball oder Rundenlauf (darunter auch Lord of the Beans aka Merlin) duellierten.

Tag 2, 3. April 2010
Eine Frühexkursion ins Gebiet des Vorabends sollte uns und unserer Lagerartenliste weitere Charakterarten der Jurawälder bescheren, und so fuhren wir nach 6 Uhr mehr (oder v.a.) weniger wach gen Grenzland zu. Einige Drosseln, eine Heckenbraunelle und Gimpel waren die ersten beobachteten Arten und liessen sich von Dennis‘ listig getarntem gelbem Umhang nur wenig stören; Reh und Waldbaumläufer kam neben weiteren Waldarten später hinzu.

Studies in Advanced Camouflage Techniques – brought to you by Dennis

Während der grösste Teil der Gruppe mit David die Runde vollendete und das empörte Rufen eines Sperlingskauzes vernahm, entschieden sich Dennis, Dominic und Patrick für eine Abkürzung, da noch das Klären einiger Formalitäten mit dem Besitzer der Unterkunft auf dem Programm stand. Dabei mussten sie auf kalte Art und Weise erfahren, dass die Schneemenge auf den Wegen stark variieren und auch trotz fortgeschrittenen Frühlings noch sehr hoch sein kann:

Dominic (ver)sinkt - Dennis trägt's mit Fassung

Nach einem unterschiedlich opulenten Frühstück teilte sich die Gruppe für die Weiterreise in Richtung Ins erneut auf, wobei hier nicht nur logistische Überlegungen, sondern vor allen Dingen die Aussicht auf das luftige Hinabsausen von Sainte-Croix nach Yverdon-les-Bains mit eine Rolle spielte. Die erste Gruppe stiess in Ins auf Kasimir, und erledigte im örtlichen Coop die Einkäufe. Sehr zum Entsetzen der älteren Mitglieder dröhnte diesmal kein nasal-bernerisches „Gitzii a Ooschtere“ aus den Lautsprechern des Detaillisten. Vielleicht war dies der Grund, dass wir Mengen einkauften, die wir kaum zu sechst ins fünf Kilometer entfernte Ins verfrachten konnten. Es war aber wohl eher der Glaube, die „Hangsauser“ würden nur eine Stunde versetzt in der Kapitale des Grossen Moos eintreffen. Da diese Sportskanonen aber Cugy mit Payerne verwechselten und daher den Anschlusszug nach Ins verpasst hatten, waren Dennis, Kasimir, Eric, Merlin, Simon und Patrick u.a. mit 18 Litern Milch und 12 Brotlaiben auf sich allein gestellt. Mit etwas Organisationstalent und vor allem Müh und Not gelang es uns aber, alle Einkäufe heil ins heimelige und wie immer kalte Fanelhaus zu transportieren. Nach dem Eintreffen der Odysseefahrer (welche im Übrigen in Yverdon um eine gehässige Auseinandersitzung mit aufgebrachten Hundebesitzern reicher geworden waren: „c’est la plage des chiens!“) lockte trotz aufkommenden Regens der Gemshoger, von wo aus eine späte Saatgans, mehrere Mittelsäger, Schafstelzen, eine Rohweihe, ein Pärchen Schwarzkehlchen, eine Eiderente, ein Rohrschwirl, Beutel- und Bartmeisen sowie ein Rotschenkel beobachtet werden konnten.

Kleiner Mann Kasimir mit grossem Fernrohr – keiner zu klein, …

Nach Salat, Risotto, Waffeln (heute mal ohne Senf) und natrixtypischen Tischgesprächen über Bairdstrandläufer, Susannes und die Welt legten wir uns in Vorfreude auf den morgigen Tag, welchen wir ganz im Grossen Moos zubringen können würden, schlafen.

Tag 3, 4. April 2010
Die Frühmorgenexkursion auf den Berner Turm verlief spannend und erfolgreich. Auf den Inseln zog insbesondere eine Uferschnepfe die Aufmerksamkeit der Natrixler auf sich, ehe sie mehrere Runden drehte und sich über unsere Köpfe hinweg aus dem Staub machte. Aus dem Schilf erklang an mehreren Orten der Gesang des Schilfrohrsängers, der hier zwar (noch) nicht brütet, auf dem Durchzug aber des öfteren auch schon mal einige Strophen zum Besten gibt. Jonas konnte mit seinem Richtmikrofon auch einen frühen Feldschwirl lokalisieren; weiter verrieten mehrere Beutelmeisen und ein Biber geräuschvoll ihre Präsenz. Letzteren vermochten den meisten nur noch zu hören, wie er mit seinem brettartigen Schwanz auf das Wasser aufschlug und im Kanalsystem des Fanels verschwand. Auf eine weitere der doch eher seltenen Biberbeobachtungen brauchten wir aber nicht lange zu warten, denn auf der anschliessenden Tour zum Gemshoger bot sich einigen der Anblick eines erstaunlich relaxt-coolen Bibers längs des Weges, der sich sogar filmen liess, bis es ihm irgendwann zu bunt wurde:

Biberbeobachtung im Fanel, beide Fotos Fabian Ducry

Ferner gelangen uns u.a. schöne Beobachtungen von Meisen, die gar keine sind (Bart- und Beutelmeise), einer Heringsmöwe, der noch stets rumlungernden Saatgans, Brandgänsen und acht teils balzenden Mittelsägern. Am frühen Nachmittag war die Chrümmi bei Kerzers das erklärte Ziel, wobei wir keine Hast hatten, dorthin zu gelangen – zu spannend waren die Witzwiler Felder. Unweit des Fanelhauses zeigten sich Feldhasen mal von ihrer ruhigeren, mal lebendigeren Seite:

Feldhasen in der Witzwiler Feldflur, beide Fotos Fabian Ducry

Etwas weiter gegen Ins beschäftigten zwei Kampfläufer in einem Trupp Grosser Brachvögel, drei Heringsmöwen, ein Weissstorch Steinschmätzer, Schafstelzen und drei aus voller Kehle singende Grauammern Beobachter, Fotografen und vermehrt auch Filmer, die sich in der Natrix in letzter Zeit massenhaft zu vermehren scheinen und nun folgendes Schlüsselbundklirren in die heimische Stuben bringen:



Singende Grauammer, Witzwil, Film Jak
ob Hochuli

Nachdem uns Jonas und Eric gen Zürich verlassen hatten, zogen gleich zwei weibliche Kornweihen alle Blicke sowie Fabians Objektiv auf sich:

Eine von vier Kornweihen des Tages, hier nahe Ins, Foto Fabian Ducry

In der Chrümmi machte sich zuerst etwas Langeweile breit: nirgends war eine Limikole auszumachen, und ausser einer Kornweihe und einer Löffelente war nichts Erwähnenswertes zu sehen. Gerade als wir die beobachterische Arbeitslosigkeit für ein endlich fälliges Gruppenfoto nutzen wollten, hatte Joris das schon an den Vortagen aus dem Gebiet gemeldete Blaukehlchen gefunden. In voller Kameramontur postieren wir uns vor einer kleinen Gebüschgruppe, wo der Vogel gesehen wurde. Wir wurden keineswegs enttäuscht: nach kurzer Zeit präsentierte sich das Blaukehlchen den erstaunten und erfreuten Beobachtern auf wenige Meter bei der Nahrungssuche und immer wieder singend am Boden. Den Fotografen und „Filmern“ gelangen einige Aufnahmen, welche die Aussergewöhnlichkeit und Schönheit dieser Beobachtung zumindest ansatzweise zu illustrieren vermögen:

Fideles und ganz offensichtlich Weisssterniges Blaukehlchen, Chrümmi, Foto Dennis Riederer



Singendes Blaukehlchen, Chrümmi. Reminder für den nächsten Chrümmi-Besuch: Gartenschere mitnehmen...

Die Gruppe nach einer tollen Blaukehlchenbeobachtung, Chrümmi, Foto Fabian Ducry

Nach diesem weisssternigen Höhepunkt und obigen Gruppenfoto suchten wir andernorts im Grossen Moos nach einer weiteren Eulenart, dem Steinkauz. Leider gelang es nur einem Teil der Gruppe, den Vogel vor „seinem“ Schuppen zu Gesicht zu bekommen, ehe er rasch ins Innere verschwand. Auf dem Rückweg ins Fanel ergänzte ein männlicher Gartenrotschwanz die Liste geflügelter Frühlingsboten. Ein Teil der Gruppe versuchte nochmals das Glück auf dem Gemshoger, und wurde u.a. mit einer Beobachtung von Regenbrachvögeln belohnt. Im Haus schafften es Dominic, Fabian und Patrick in einem logistischen Kraftakt, vier Kilogramm Spaghetti, mehr als ein Kilogramm Gemüse und 2,1 Liter Tomatensauce bei begrenzter Pfannenauswahl zu einer Mahlzeit zu verarbeiten. Nach Salat, eben jenem Spaghettigericht, und einer grossen Schüssel Schoko-Crème zum Nachtisch waren die jüngeren Mitglieder zwar etwas überessen, deswegen aber nicht minder abenteuer- und entdeckungslustig. Zusammen mit Simon und Fabian begaben sie sich mit Taschenlampe und Fahrrad ins Dunkel der Nacht auf die Suche nach Schleier- und Waldohreule. Zwei Individuen der ersten Art liessen sich auf den Feldern den Lichtverhältnissen entsprechend schön beobachten. In der Zwischenzeit suchte Dominic angestrengt nach einer Lösung für die nicht gerade gering ausgefallenen Spaghettiresten. Bald erklang ein mechanisches Drehgeräusch durch das Haus, und Dominic vermixte unser Nachtessen zu einem Brei infusionsgerechter Konsistenz.

Die kulinarischen Abwege nehmen immer groteskere Formen an...

Mögliche Pläne zur Verarbeitung des Breis in Form eines mit Käse überbackenen Gratins mussten am morgigen Tag aus zeitlichen Gründen (leider?) verworfen werden… Mittlerweile kehrten auch die erfolgreichen Eulensucher zurück, und nach einem grösseren Effort mit Geschirrbürste und Abwaschmittel legte sich irgendwann spät in der Nacht Ruhe über das noch stets kühle (ca. 13 Grad) Haus auf dem Anstaltsgelände Witzwil.

Tag 4, 5. April 2010
Nach Eulensuche und kulinarischen Grenzerfahrungen gingen wir den letzten Morgen gemütlich an, frühstückten ausgiebig und brachten das Fanelhaus wieder zum Glänzen. Den Rest des warmen und frühlingshaften Tages verbrachten wir auf dem Gemshoger, wo wir nebst „Altbekanntem“ wie Rohr- und Kornweihe, Beutelmeisen und Regenbrachvögeln auch ein Grünschenkel und eine Klappergrasmücke vor die Linse bekamen. Ein Teil der Gruppe zog es zum Abschluss des Lagers nochmals ins Hinterland, wo zu guter Letzt auch die letzten Teilnehmer das pummelig-behäbige Käuzchen beobachten konnten und zufrieden nach Hause reisten. Der Gaiser Fraktion gelang beim Halt im Zürcher Hauptbahnhof sogar noch die Beobachtung eines Fischadlers, und das trotz abendlicher Stunde und nicht gerade tief hängender Wolken ;-).


Text und Bilder ohne Vermerk des Fotografen: Patrick Mächler