Sonntag, 26. August 2018

Auf der Suche nach Schweizer Spezialitäten: Heuschrecken im Toggenburg

Es ist hinlänglich bekannt, dass Heuschrecken hauptsächlich bei sonniger und warmer Witterung aktiv sind. Doch als die 18-köpfige Gruppe am Samstagmorgen des 26. Augusts auf dem 2’262 Meter hohen Chäserrugg ankam, wurde sie von Temperaturen um die Nullgradgrenze, dichtem Nebel und vereisten Bergblumen empfangen. 

Hart im Nehmen und für jede Eventualität vorbereitet:
die unerschrockenen Natrixler!
Foto: Ruben Lippuner.

Die harschen Bedingungen taten der guten Laune aber keinen Abbruch. Bedacht nahm man den steilen Abstieg hinunter zum Sattel in Angriff, als sich plötzlich Fenster im Nebel auftaten. Ein Steinadler zischte entschlossen gradlinig auf Augenhöhe vorbei, derweil stolze alte Steinböcke durch die Felswand oberhalb des Weges stiegen.


Die Steinböcke liessen sich weder vom schlechten Wetter
noch von den Natrixlern aus der Ruhe bringen.

Bald hatte man den steilsten Abschnitt hinter sich gelassen. Der Weg führte über die hügelige Kalklandschaft und war beidseits von spätblühenden Bergblumen wie der Grossköpfigen Gämswurz, dem tödlich giftigen Blauen Eisenhut und dem Grauen Alpendost gesäumt. Ab dem Sattel ging es dann steil aufwärts zum Gipfel des Gamserruggs, dem östlichen Nachbarn des Chäserruggs. 

Allmählich zeigte sich nun auch die Sonne immer öfter und schien endlich auf die ausgedehnten Bergwiesen, die wir ja heute genauer anschauen wollten. Darin leben nämlich interessante Heuschreckenarten, darunter die Schweizer Goldschrecke, eine gegen Ende der 1980er-Jahre durch Bruno Keist entdeckte Art, die weltweit ausschliesslich auf den beiden Erhebungen Chäser- und Gamserrugg vorkommt. Ergo ist sie hier sogenannt endemisch. Nach einer Stärkung zur Mittagszeit machten sich die ersten Gwundernasen mit Fangbecher auf die Suche nach den umwitterten Insekten, während eine Rohrweihe hoch über uns gen Süden flog. Dem Ruf Leandros, man solle eiligst herbeikommen, folgte die ganze Schar. Stolz präsentierte er seinen Fund, nämlich ein Weibchen der Schweizer Goldschrecke. 

Ein wahrer Tönder:
das Weibchen der Schweizer Goldschrecke.

Kurz darauf wurde auch ein Männchen entdeckt, das deutlich kleiner als das Weibchen ist. Die Schweizer Goldschrecke teilt ihren Lebensraum mit dem Bunten Grashüpfer und der Alpinen Gebirgsschrecke. Auch diese beide Arten waren zahlreich vertreten und liessen sich ausgiebig betrachten. 


Aus dem Leben der Orthoptera.
Foto: Ruben Lippuner.

Nach einigen Erklärungen des Leiters zur aussergewöhnlichen Lebensweise der Heuschrecken machte man sich auf den Abstieg hinunter zur Gamsalp. Den reifen Heidelbeeren am Wegrand konnte man sich dabei nicht verwehren, so verlockend dunkelblau leuchteten sie. Bei der Bergstation der Gamsalp gönnten sich einige sogar einen ausgiebigen Verdauungsschlaf. Dann war es aber Zeit, mit der Sesselbahn ins Tal zu fahren, hinunter nach Wildhaus. Von da ging es mit dem Postauto nach Buchs und dann – von den grossen Temperaturunterschieden sichtlich ermüdet - nach Hause. 


Bericht und Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Jakob Hochuli.