Samstag, 5. Dezember 2015

Ornithologische Nebelwanderung am Bodensee

Dieses Jahr führte uns die Klausexkursion ins Wollmatingerried. Wir erinnerten uns an die sehr erfolgreiche Exkursion am selben Ort vor vier Jahren. Damals lagen 10 Zentimeter Schnee, was in Kombination mit mehreren Kornweihen, Raubwürger, Habicht und Zwergschwänen ein super Bild abgab. Heuer war uns das Glück aber nicht hold. Zum einen verletzte sich Eva den Fuss und konnte mit Gips und Krücken die Exkursion leider nicht leiten. Zum anderen war das Wetter eher schlecht für die Vogelbeobachtung.

Stimmungsbild...
Wir liessen uns aber nicht unterkriegen und marschierten sehr motiviert vom Bahnhof Konstanz-Wollmatingen in Richtung Wollmatingerried. Wir hatten schon eine turbulente Zugfahrt hinter uns. Da unsere Reservation irgendeinen Bug aufwies, mussten wir im Interregio in den Gängen stehen, dermassen überfüllt war der Zug. Wir fragten uns, was diese Menschenmenge wohl in Konstanz wollte. Irgendwann überkam uns dann der Geistesblitz – um Einkaufstouristen musste es sich handeln! Am Abend sollte sich diese These bewahrheiten, als alle mit prall gefüllten Einkaufstaschen wieder mit uns zurück nach Zürich fuhren. Dann waren unsere Plätze aber korrekt reserviert und wir konnten es uns auf den Sitzen gemütlich machen.

Im Entenmarsch geht's zur Beobachtungsplattform.
Wir marschierten also freudig in Richtung Wollmatingerried zum Vogelhäusle, dem Ausgangspunkt unserer Führung mit Martina, die Eva kurzfristig als Ersatz engagiert hatte. Das Wollmatingerried ist nebst dem Rheindelta, das wir auch schon auf mehreren Natrixexkursionen besucht hatten, eines der grössten Naturschutzgebiete am Bodensee. Nach einigen allgemeinen Informationen über das Ried machten wir uns dann auf, um dieses wertvolle Gebiet selber zu erkunden. Dank der Begleitung von Martina konnten wir auch die der breiten Öffentlichkeit nicht zugänglichen Flächen des Wollmatingerrieds aufsuchen. Gleich zu Beginn entdeckten wir einen Trupp Schwanzmeisen. In letzter Zeit tauchten in Mitteleuropa vermehrt Schwanzmeisen auf, die Merkmale der weissköpfigen nordischen Unterart caudatus zeigen. Nach genauem Betrachten stellten sich aber alle als „normale“ aus. Nichtsdestotrotz waren wir ab dem Anblick dieser kleinen langschwänzigen Tierchen entzückt. Ein paar Kleiber und Gartenbaumläufer weiter entdeckten wir drei Rehe. Im dichten Nebel konnten wir noch ganz knapp ihre Umrisse erkennen.

Schon bald kamen wir zur Beobachtungsplattform, die ganz neu gebaut worden war. Da jedoch auch Beobachtungsplattformen neuester Generation den Nebel nicht zum Verschwinden bewegen können, benutzten wir sie vorwiegend als willkommenen windgeschützten Ort für das Mittagsessen. Wir bekamen nicht einmal das Wasser des Bodensees zu Gesicht, so dicht war der Nebel. Die Unnachgiebigen konnten immerhin einen Grossen Brachvogel entdecken, der im Schlick nach Nahrung stocherte. Dabei blieb es aber auch. Als alle ihren Mittagslunch verspeist hatten, machten wir uns auf den Rückweg. Auf diesem letzten Abschnitt unseres Rundgangs durch das Wollried (so die Abkürzung unter Insidern ;-)) sollte der Höhepunkt der Exkursion folgen. Trotz intensiver Suche konnten wir vorerst nur viele „Pschieng“-Rufe aus dem nahen Schilf vernehmen. Es waren jene von Bartmeisen. Mit etwas Geduld erhaschten unsere geübten Augen aber doch noch den Anblick dieser Meise, die eigentlich gar keine ist. Die Bartmeise gehört einer eigenen Familie an. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen könnte sie vielleicht sogar zu den Lerchen gehören. Wir verharrten einige Zeit vor Ort. Es musste sich um über ein Dutzend Vögel gehandelt haben, sie waren aber wegen des Nebels und des dichten Schilfs nur sehr schwierig zu zählen. Danach ging die Führung beim Vogelhäusle dort zu Ende, wo unser Rundgang ein paar Stunden früher gestartet hatte.

Gespannt wurde den Rufen der Bartmeisen gelauscht.
Foto: Martina.

Was uns diese ca. 300 Jahre alte Weide wohl alles erzählen könnte?

Unverkennbar: Das Werk der Biber.
Auch wenn die Ausbeute der Exkursion vergleichsweise gering ausfiel, erfuhren wir doch einiges Wissenswertes und entdeckten bemerkenswerte Dinge. So wissen wir jetzt beispielsweise, welch grosse Bäume ein Biber innerhalb einer Nacht zum Einstürzen bringen kann, was Bibergeil ist und wozu es eingesetzt wird, und wo dass die wohl älteste Weide der Nordostschweiz steht. So machten wir uns müde, aber doch zufrieden auf die Heimreise. Ein Dankeschön für die Führung durch das Wollmatingerried geht an Martina!

Bericht und Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Merlin Hochreutener.