Sonntag, 17. Mai 2015

Auffahrtslager im Wallis, 14. - 17. Mai 2015

Erster Tag – Donnerstag, 14. Mai

Um 08:30 Uhr trafen wir uns am Bahnhof Zürich, um unser Gepäck in Dominics Auto zu laden. Dann traten wir unsere Reise ins Wallis an. Das Spezielle an dieser Reise: Die SBB hat für unsere Gruppe einen Erstklasswaggon reserviert. So reiste die Natrix gemütlich und weich gepolstert ins Wallis.

Die Natrix rüstet auf - 1. Klasse!
In Visp holten wir unsere Velos ab und fuhren dann weiter zum Zeltplatz, wo Dominic uns schon erwartete, und bauten unsere Zelte auf. Während des Zeltaufbauens unterbrachen uns noch zwei Wiedehopfe bei der Arbeit – eine sehr schöne Beobachtung.

Natrixler beim Aufbauen der Zeltlandschaft.
Wie geht das mit dem Aufblasen einer Schlafmatte schon wieder? Lieber zuschauen als helfen... Helfen scheint ein Fremdwort zu sein ;-)
Als sämtliche Zelte aufgebaut waren, fuhren wir ins Leukerfeld. Auf dem Weg beglückten uns ein warnendes Pärchen Schwarzkehlchen, ein Neuntöterweibchen und zwei Bluthänflinge. Doch die Hauptattraktion sollte erst noch kommen. Seit ein paar Jahren existiert bei einem alten renaturierten Seitenkanal der Rohne eine Bienenfresserkolonie. Noch bevor wir ankamen, machten schon die ersten dieser bunt gefärbten Vögel mit ihren typischen Flugrufen auf sich aufmerksam. Wir beobachteten ihre Luftspiele auf der Jagd nach Libellen und anderen Insekten eine Weile, bevor wir zur eigentlichen Kolonie weiterfuhren. Dort wurde ein neues Hide errichtet, von wo aus sich die Bienenfresser und zahlreiche andere Vögel ungestört beobachten lassen.

Ein Bienenfresser an der Bruthöhle.
Foto: Linus.
Wir fotografierten die Bienenfresser und konnten auch noch einen Nachtreiher im zweiten Kalenderjahr entdecken. Kurz vor Abfahrt mussten wir nochmals kurz konzentriert beobachten, um einen relativ weit entfernt kreisenden Bussard zu bestimmen. Nach kurzer Zeit stand die Bestimmung fest: ein Wespenbussard.

Zurück beim Zeltplatz hüpften wir auf dem Trampolin (alte Erinnerungen an Sur En und Claudio wurden wach… :-D) und spielten Pingpong, bis Dominic das Essen brachte, welches er freundlicherweise bei Alice (Freundin von Jonas, Stand Mai 2015 ;-)) zu Hause zubereiten konnte. Es gab Gnocchi mit Tomatensauce und zum Dessert Vanille- und Schokoladenmousse mit Pfirsichen.

Dooooooomiiiiiiii, wann kommt das Essen???
Nach dem Abendessen teilte sich die Gruppe auf. Die einen blieben bei den Zelten, wo während der fortschreitenden Dämmerung gegen die vierzig Bienenfresser auf einer Telefonleitung sassen. Die andere Gruppe ging nochmals zu den Teichen. Valentin (ein Bebbi Babbler und ehemaliger Natrix-Fremdgänger, Milan scheint es ihm nun gleich zu tun ;-)) informierte uns nämlich, dass er dort am späteren Nachmittag einen adulten Kuhreiher im Prachtkleid habe beobachten können. Etwas später gesellte sich ein Nachtreiher zum Kuhreiher und etwas später noch ein zweiter Nachtreiher. Die Krönung bildeten schliesslich ein Grau- und ein Seidenreiher – so konnten vier Reiherarten im selben Fernrohrbild betrachtet werden. Ein nicht alltäglicher Anblick.

Vier Reiherarten auf einem Foto.
Zurück beim Zeltplatz ging es nach einigen Wettrennen mit Sontje, die scheinbar noch immer überschüssige Energie hatte, und Zähneputzen zufrieden ins Bett – genauer gesagt in die Schlafsäcke in den Zelten.

Dummerweise erst, als der letzte Zeltreissverschluss geschlossen war, überflog uns beim letzten Licht noch ein Rotfussfalkenmännchen. Jedoch bekamen nur Dominic und Merlin diesen hübschen Falken zu Gesicht…

Auf dem Weg zur Toilette stolperte ein Natrixler um Mitternacht beinahe noch über einen Igel. Dieser kugelte sich zu einem Stachelknäuel zusammen und hielt uns vorerst noch vom Schlafen ab.

Der stachlige Kerl zog alle Aufmerksamkeit auf sich.
Einige konnten auch noch ganz kurz das monotone „tüüt“ der Zwergohreule hören. Danach hiess es dann wirklich „Schlaf guet“ und ein sehr warmer Tag ging zu Ende.

Text: Milan und Linus


Zweiter Tag – Freitag, 15. Mai

Um 08:00 Uhr sind wir im Regen aufgestanden. Wir frühstückten, zogen unsere Regensachen an und fuhren mit der Hoffnung, dass Petrus uns etwas Seltenes vom Himmel regnete, los ins Leukerfeld. Die ersten erwähnenswerten Beobachtungen waren Steinschmätzer, Schwarzkehlchen, Neuntöter, Distelfink und Turmfalke. Dann fuhren wir weiter und stellten unsere Velos bei einer kleinen Hütte ab. Wir teilten uns in zwei Gruppen auf. Die erste ging direkt zu den Teichen, die zweite machte noch einen kleinen Abstecher zur Rhone, wo sie nebst Nachtigallengesang noch zwei Flussuferläufer ausfindig machte. Bei den Teichen und den Feldern rundum warteten Feldlerchen, Steinschmätzer, drei verschiedene Unterarten der Schafstelze (flava, cinereocapilla und thunbergi), Schwarzkehlchen und der Kuhreiher vom Vorabend auf uns.

Natrixler trotzen dem Regen.
Wegen des immer heftiger werdenden Regens brachen wir die Exkursion ab und radelten zurück zu unseren Zelten, wo wir völlig durchnässt ankamen. Den gesamten Nachmittag verbrachten wir im Schlafsack in den Zelten, wo wir uns entweder mit Büchern oder interessanten Gesprächen die Zeit vertrieben. Nicht schlecht staunten wir, als anstelle des „tropf-tropf-tropf-tropf“ plötzlich ein anderes Geräusch einsetzte. Es war jenes von Schneeflocken, die ganz sanft auf den Aussenzelten landeten. Am Tag zuvor gefühlte 30°C und nun Schnee – und das Mitte Mai! Fürs Abendessen mussten sich nochmals alle aus ihren Schlafsäcken kämpfen.

Geschickt, geschickt, dieser Vito! ;-)
Doch wer die Schritte durch Nass und Schnee zu den überdachten Tischen auf sich nahm, wurde mit einem feinen Risotto belohnt, der wiederum in Alices Küche zubereitet worden war – vielen Dank! Die gutmütigen Zeltplatzbesitzer waren ab unserer Wetterfestigkeit beeindruckt und bereiteten extra für uns eine exklusive und ausserordentlich feine Aprikosenwähe zu. Ebenfalls vielen Dank für das Dessert!

Der Beweis - Schnee bis weit hinab ins Tal!
Nach dem Essen schlüpften alle wieder in ihre Schlafsäcke und legten sich schlafen. Mit einem eigenen Zelt stiess unbemerkt noch Stefan, der Mitbewohner der WG von Dominic und Jonas, dazu. Neidisch auf Stefans Superzelt kam spätabends dann auch wieder Samuel angereist, der den Tag durch arbeiten musste und in Leuk von seinem undichten und durchnässten Zelt in freundlichster Manier empfangen wurde… Zum Glück war am nächsten Tag auch schon wieder früh Tagwache, sodass die Nacht im durchnässten Schlafsack relativ schnell durchgemacht war… ;-)

Text: Sontje und Gian Luis


Dritter Tag – Samstag, 16. Mai

Um 05:30 Uhr wurden wir geweckt. Nach einem kurzen Frühstück fuhren wir zum Bahnhof. Dort erwarteten uns schon Jonas und seine Begleitung Alice. Gemeinsam nahmen wir den Bus bis an die Grenze der Waldbrandfläche. Dort angekommen wurden wir zuerst einmal von Berglaubsänger und Gartenrotschwanz begrüsst, die in der von Schnee überhauchten Landschaft ihren Gesangskünsten freien Lauf liessen.

Gartenrotschwanz und Berglaubsänger in Kombination mit Schnee?
Wie kurios... Die Natrixler auf Vogelpirsch.
Dort, wo Jonas in der Woche zuvor ein prächtiges Steinhuhn beobachten konnte, war diesmal leider keine Spur von dieser Art. Umso mehr erfreuten uns dafür Steinrötel, Kuckuck, Wiedehopf und Zippammer.

Äusserst fotogen, diese Zippammer.
Gartenrotschwanz, Heidelerche, Kuckuck und Steinrötel - ein tolles Quartett!
Im Laufe des Vormittags fand dann auch Eric den Weg ins Wallis und gesellte sich zu uns, was insbesondere Sontje sehr erfreute.

Prächtig, der Blick ins Wallis.
Auf dem Weg in Richtung Brentjong konnten wir flüchtig einen grösseren Schatten ausmachen. Der Blick an den Himmel klärte die Ursache: Ein prrrächtiger Schlangenadler zog über unsere Köpfe hinweg. Bei unserer Mittagsraststelle war nicht nur Platz für ein Gruppenfoto vorhanden, sondern auch noch Schnee für eine Schneeballschlacht. Die Schlacht zu unterbrechen wussten nur ein Bartgeier, drei Wespenbussarde, eine Rohrweihe und ein Wanderfalke. Auch die Zaunammer, die sich dann aber immer wieder als Goldammer herausstellte, sorgte für Aufregung. Als mit der Zeit sämtlicher Schnee aufgebraucht bzw. von der wieder erstarkten Sonne weggeschmolzen war, liefen wir zurück ins Tal, wo wir es uns beim Zeltplatz gemütlich machten und die Sonnenstrahlen genossen.

Gruppenfoto - Natrix pur!
Gold-, Zaun- oder doch Goldammer ...?
Foto: Linus.
Trampolin und Pingpongtisch sorgten für ausreichend Unterhaltung. Insbesondere Eric zeigte schnell, wer hier das Sagen hatte und führte allen vor, wie man mit Pingpongball und -schläger umzugehen hat. Auch der neu dazugekommene Dennis wusste da nichts entgegenzusetzten…

Angriff Eric - Verteidigung Dominic - Punkt Eric...
Die unentwegten Lukas, Enrico, Samuel, Milan und Linus fuhren nochmals ins Leukerfeld, wo Wanderfalke gesehen und Wachtel sowie Sumpfrohrsänger gehört werden konnten. Damit wir unsere Gaskocher nicht vergeblich gepackt hatten, setzten wir diese für das letzte Abendessen dieses Auffahrtslagers doch noch in Betrieb und konnten in einer gemütlichen Runde Couscous mit Tomatensauce kochen und essen. Zum Dessert gab es Schokoladen- und Vanillecrème. Doch mit dem Abendessen ging dieser Tag noch lange nicht zu Ende, sondern kam gerade erst zu seinem Höhepunkt: Die Region Leuk ist eine der wenigen Schweizer Destinationen, wo der Ziegenmelker regelmässig und relativ einfach beobachtet respektive gehört werden kann. In der Dämmerung konnten wir sehr schön die Umrisse eines sitzenden Individuums beobachten und uns dessen schnurrenden Gesang einprägen.

Text: Lukas


Vierter Tag – Sonntag, 17. Mai

Wegen der späten vorabendlichen Exkursion herrschte bis acht Uhr Schlafstimmung. Merlin machte diese Stimmung allerdings zunichte, als er nach einem frühmorgendlichen Egotrip zur Hohen Brücke zurück zu den Zelten kam und alle Teilnehmenden aus ihren Schlafsäcken schüttelte.

Die berüchtigt berühmte Hohe Brücke. Doch an diesem Morgen sollte der Mauerläufer nicht anzutreffen sein.
Nach einem deftigen Morgenessen – zahlreiche Nutella-Schokoladenmäuler lassen grüssen – ging es noch ein letztes Mal ins Leukerfeld. Wir konnten uns von den Bienenfressern verabschieden. Ein kurzes Hallo und Tschüss entlockten uns ein Mandarinentenmännchen und eine Wachtel. Danach hiess es, die Zelte abzubrechen und die Sachen zu packen. Dies gestaltete sich etwas mühsam, da die Temperaturen wieder Höchstwerte erreichten und deshalb einige lieber wie ein lampiges Salatblatt in der Wiese herumlagen anstatt mitanzupacken… Nichtsdestotrotz war schliesslich wieder sämtliches Gepäck in Dominics Auto verstaut und die Heimreise über Visp, wo wir unsere Velos aufgaben, und Bern nach Zürich konnte angetreten werden. Einige Jungornithologen, die ihr Durchhaltevermögen beweisen wollten, beendeten das verlängerte Auffahrtsweekend auf der Röstifarm in Schinznach Dorf, wo seit einigen Tagen der von unserem Präsidenten entdeckte Schlagschwirl lautstark seine „swi-swi-swi-swi-swi-swi-swi-swi-swi-swi-swi- swi-swi- swi-swi“ Strophe vortrug. Mit diesem Twitch ging auch für die letzten Natrixler ein äusserst erfolgreiches Auffahrtslager zu Ende.

Das Pünktchen auf dem "i" dieses Wochenende: Der von Jonas entdeckte Schlagschwirl.

Bericht und Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Merlin Hochreutener.