Samstag, 29. Juli 2017

Birdlife-Sommerlager im Fanel, 24. bis 29. Juli 2017

Zum sechsten Mal in Folge hat die Natrix im Auftrag des Schweizer Vogelschutzes/Birdlife Schweiz Ende Juli am Südostufer des Neuenburgersees eine Beobachtungswoche für junge Naturbegeisterte aus der ganzen Deutschschweiz organisiert. 13 Kinder und Jugendliche beobachteten während sechs Tagen allerlei spannende Vogel- und andere Tierarten und machten draussen und drinnen tolle Spiele. Im Folgenden berichten die Teilnehmenden in Form eines Lagertagebuches von ihren Erlebnissen und Eindrücken - wir wünschen viel Lesespass!

Erster Tag - Montag, 24. Juli

Um 11 Uhr trafen wir uns am Bahnhof Ins. Danach fuhren wir ins Fanelhaus. Nachdem wir unsere Zimmer eingerichtet hatten, machten wir diverse Kennenlernspiele. Bevor wir zum Berner Turm marschierten, assen wir zu Mittag. Nachdem wir von vielen Vogelarten begrüsst worden waren, fuhren wir mit dem Velo in Richtung Damm. Vom Naturschutzzentrum La Sauge gingen wir zu Fuss auf den Damm. Auf dem Weg sahen wir eine Ringelnatter und viele verschiedene Vögel. Später sind wir nach Hause gegangen und haben zu Abend gegessen. Nach dem Essen haben wir uns nochmals auf Pirsch begeben. Die Möwen, die vor einem wunderschönen Regenbogen vorbeiflogen, erfüllten uns (und unsere Herzen) mit Freude (sooo kitschig!).

Die häufigste Grossmöwe der Schweiz vor ungewohnter Kulisse.
Foto: Levi.

Für den Bericht: Léo, Konstantin und Selina

Zweiter Tag - Dienstag, 25. Juli 

Nach einer kurzen Nacht kam uns Eric für die Morgenexkursion um 5 Uhr wecken. Wir fuhren bei leichtem Regen Richtung Gemshoger. Auf dem Weg kreuzte eine Schleiereule unsere Wege. Auf dem Gemshoger angekommen sahen wir Nachtreiher, Sandregepfeifer und Purpurreiher. Nach einem guten Frühstück gingen wir in Richtung Berner Turm. Auf dem Weg hörten wir eine Brandseeschwalbe und Levi konnte den Vogel auch ganz kurz sehen! Auf dem Berner Turm beobachteten wir, wie ein Flussseeschwalbenküken ins Wasser fiel und mehrere Runden um die Kolonie schwamm. Da es so fest regnete, spielten wir "Stadt-Land-Fluss". Nach dem Mittag entdeckten wir hinter dem Fanelhaus einen Limikolenteich. Darin sahen wir einen Temminckstrandläufer, Wald- und Bruchwasserläufer usw. 

Auch diesem Flussregenpfeifer gefiel es am neuen Limikolenteich.
Foto: Levi.

Danach gingen wir langsam zum Gemshoger. Auf dem Weg flog uns ein Baumfalke über den Kopf und wir beobachteten einen Fuchs auf Mäusejagd.

Reineke Fuchs auf der Suche nach einem kleinen Happen.
Foto: Levi.


Vom Turm aus beobachteten wir einen Kampfläufer aus verschiedenen Perspektiven (vom Dach, dem Treppengeländer und wie üblich vom Boden aus):

Waghalsig, waghalsiger, Sommerlager:
Wie kann man den Kampfläufer am besten sehen?

Als wir knapp zum Abendessen zurückkamen, tanzte uns ein wilder Höhlenbewohner namens Léo mit lauter Tanzmusik und Rasseln entgegen. So rief er uns zum Abendessen. Danach brachen wir zur Abendexkursion zum Berner Turm auf. Dort sahen wir Fluss- und Küstenseeschwalbe, Mauersegler etc. Leider windete es wieder einmal sehr stark, so dass wir nicht lange blieben. Zurück im Fanelhaus legten wir uns schlafen.

Für den Bericht: Andrea, Noémie und Jonas 

Dritter Tag - Mittwoch, 26. Juli 

Nach einer ziemlich erfolgreichen Morgenexkursion mit Nachtreiher, Zwergdommel und einigen Limikolenarten mussten wir schnell frühstücken, um rechtzeitig zur Führung von Nicolas Baiker in La Sauge zu sein. Auf dieser lernten wir viele uns meist unbekannte Wasserinsekten, Käfer etc. kennen, die wir danach in natura aus dem Teich fischen durften.

Kescher Marsch! Elias & Co. auf der Jagd nach Wassergetier.

Nicolas zeigte uns anschliessend noch die beiden grösseren Teiche im Naturschutzzentrum, wo wir Eisvogel, Ringelnatter und Kuhreiher zu Gesicht bekamen. 

Natrix natrix - unser Namenspatron mal ganz aus der Nähe.
Hier leider ein nicht mehr ganz so fittes Exemplar...
Foto: Levi.

Wir verweilten noch einige Zeit dort und stärkten uns mit mitgebrachtem Lunch, um nachher die lange Fahrt in die Krümmi auf uns nehmen zu können. Dabei kamen wir aber nicht allzu schnell voran, da wir z.B. von der Schleiereule in der Fruchtschüür oder einer Turteltaube aufgehalten wurden. Das Highlight unserer Tour war aber ein seit mehreren Wochen hier rastender Singvogel: der Schwarzstirnwürger. Lange Zeit waren zwei Individuen gemeldet, wir konnten jedoch nur einen entdecken. Nach diesem sehr erfolgreichen Ausflug tobte sich ein Teil noch beim Fussballspielen aus, bevor Ratatouille mit Polenta aufgetischt wurde. 

Karotten würfeln - was gibt es Schöneres?

Die letzte Exkursion des Tages führte uns auf den Berner Turm, wo nicht nur Vögel beobachtet werden konnten, neben Küstenseeschwalbe und Zwergdommel nämlich auch Wildschweine und zwei Biber. Nach diesem spannenden Tag begaben wir uns gut gelaunt zur Ruhe.

Für den Bericht: Leon und Bran

Vierter Tag - Donnerstag, 27. Juli

Nachdem heute alle Kinder ausgeschlafen hatten, frühstückten wir. Da gestern eine Schmarotzerraubmöwe auf dem Damm gesehen wurde, gingen wir hoffnungsvoll dorthin. Als wir ankamen, sahen wir Alpenstrandläufer und Flussuferläufer. Aber schon bald schrie Léo "Schmaro"! Die meisten von uns konnten diese seltene Vogelart sehen.

Aufregung pur bei fast allen: Wer findet die seltene Schmarotzerraubmöwe?

Wie gesagt: fast allen...

Auf dem Rückweg ein nächstes Highlight: Ein adulter Steinwälzer, der sich aber leider nur kurz blicken liess. Nach einer kurzen Pause spielten wir das den meisten bekannte Spiel "Stratege". Nach drei spannenden Runden gingen wir zurück zum Haus. Leider verliess uns an diesem Abend Jonas wegen Heimwehs. Wir beschlossen, einen kurzen Ausflug zum Limikolenteich hinter dem Haus zu machen. Danach ging es zur Fruchtschüür. Schon auf dem Hinweg erfreute uns eine singende Wachtel. Bei der Fruchtschüür konnten wir die Schleiereulen sitzend und jagend beobachten. Glücklich fuhren wir nach Hause und fielen erschöpft ins Bett.

Für den Bericht: Levi & Elias

Fünfter Tag - Freitag, 28. Juli 

Als wir um 5.30 Uhr aufstanden, regnete es in Strömen. Zuerst gingen wir zum Limikolenteich und beobachteten verschiedene Watvögel. Nachher fuhren wir mit dem Velo in Richtung Gemshoger. Auf dem Weg dorthin sahen wir vier Wildschweine, die den Weg überquerten. Beim Gemshoger angekommen liess der Regen langsam nach. Kurze Zeit später konnten wir eine Rohrweihe beobachten, die über das Schilf flog. Auf dem Rückweg liefen uns wiederum Wildschweine über den Weg, dieses Mal sieben Stück! Nachdem wir beim Haus angekommen waren, konnten wir noch ein bisschen schlafen. Aber schon bald darauf gab es Frühstück, das von den Mädchen vorbereitet wurde, damit sie am heutigen Bird-Race auch ganz sicher in derselben Gruppe sein würden. Nach dem leckeren Frühstück erledigten wir unsere Ämtli und bereiteten uns aufs Birdrace vor. Nach dem Start fingen wir alle eifrig an, Vogelarten akustisch oder visuell zu erfassen. Drei Stunden später kamen wir alle wieder zusammen und tauschten unsere Beobachtungen aus. Gewonnen hat die Mädchengruppe mit 72 verschiedenen Arten. Anschliessend assen wir zu Mittag. Es gab Salat und Aufschnitt. Nachdem wir die nächsten Ämtli abgehakt hatten, lernten wir dank Eric etwas mehr über Heuschrecken. Einige der Arten konnten wir auch fangen und deshalb aus der Nähe bestaunen. Zudem gingen uns eine kleine Zauneidechse und ein Laubfrosch in die Fänge.
Nach einem leckeren Zvieri ging es weiter mit der zweiten Runde "Stratege". Die heutigen drei Spiele dauerten deutlich länger als die gestern. Leo entzündete unterdessen ein Feuer und grillierte netterweise Pilze und Grillkäse, später auch noch in Folien gewickelte Kartoffeln und Schokoladebananen.

Chef de service Léo verteilt des spécialités régionales (oder so...).

Glückseligkeit.

Die Wartezeit zwischen den verschiedenen Griffgerichten vertrieben wir uns mit Ballspielen und einer Wasserschlacht. Deshalb mussten einige ihre Kleider wechseln. Als es dunkel wurde und das Feuer beinahe erloschen war, machten wir uns auf den Heimweg. Einige duschten noch ganz kurz, danach gingen alle bald ins Bett. Währenddessen backten unsere netten Leiter, Léo, Julia und Eric, noch Brownies! Mmmmhhhh...

Für den Bericht: Manuel, Noé & Alina

Sechster Tag - Samstag, 29. Juli

Heute blieb leider wenig Zeit fürs Beobachten (kurzer Ausflug zum Limikolenteich, wo eine Bekassine hinzugekommen war), weil wir das Haus auf Vordermann bringen mussten. Da alle kräftig anpackten, war das in relativ kurzer Zeit geschafft. Auf dem Weg zum Bahnhof machten wir bei der Fruchtschüür noch einen kurzen Stopp, um das Lager revue passieren zu lassen. Um 13 Uhr ging am Bahnhof Ins eine erlebnisreiche Woche zu Ende. Wir freuen uns bereits auf nächstes Jahr!

Um viele schöne Beobachtungen und Erfahrungen reicher: die Teilnehmer 2017.

Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Julia Zahnd.

Sonntag, 16. Juli 2017

Neophyten-Einsatz im Naturschutzgebiet auf den Hegmatten, Winterthur

Eine zentrale Aufgabe bei der Pflege von Naturschutzgebieten ist die Bekämpfung invasiver Pflanzenarten, sogenannter Neophyten. In dem von der Natrix betreuten Naturschutzgebiet auf den Hegmatten am Ostrand Winterthurs ist insbesondere die Kanadische Goldrute ein Problem. Dieser Art rückt man am besten ab Mitte Juli zu Leibe, da sich dann die gelben Blüten auszubilden beginnen und es dann leichter fällt, die Pflanzen in der Vegetation zu finden. Zugleich haben sie sich aber noch nicht versamt und eine zusätzliche Ausbreitung über Samenabwurf kann damit unterbunden werden. 

Dennis besucht das Gebiet auf seinen Beobachtungsrundgängen im Gebiet Hegmatten regelmässig und so ist ihm vor einigen Tagen aufgefallen, dass man möglichst schnell eine erste Zupfaktion durchführen sollte, da die Goldruten in ihrer Entwicklung heuer etwas schneller sind als sonst. Deswegen trommelte er ein paar Nasen aus dem (erweiterten) Leiterteam zusammen, und während einiger heisser Mittags- und Nachmittagsstunden zupften sich Merlin, Eric, Dennis und Patrick fleissig durch das Gebiet. 
Dabei sahen wir nicht nur verschiedene Pflanzenarten, sondern auch das eine oder andere interessante Insekt. U.a. grüssten gleich mehrere der hübschen Moschusböcke mit ihren faszinierenden Fühlern:

Ein neugieriger Zeitgenosse:
der Moschusbock (Aromia moschata).

Aber auch apart gezeichnete Raupen kreuzten unsere Wege - darunter auch eine des Kleinen Nachtpfauenauges:

Sowohl als Larve als auch als
Schmetterling ein Hingucker: Saturnia pavonia.


Die Begegnungen mit diesen coolen Tierchen setzten einen netten Kontrapunkt zur Enttäuschung, dass wir erstmals seit längerer Zeit mehr Goldruten ausreissen mussten als im Vorjahr. Bis anhin schien der Bestand Jahr für Jahr zurückzugehen. Hoffen wir, dass dies nur ein letztes Aufbäumen darstellt, und wir die Art bald auf ein Minimum reduziert haben werden. Dafür zupfen und kämpfen wir weiter - eine zweite Zupfaktion für die Goldrutennachzügler ist für den Spätsommer anberaumt.

Die "Ausbeute" der heutigen Zupfaktion.

Bericht: Patrick Mächler.
Fotos: Merlin Hochreutener.