Sonntag, 29. April 2018

Die Natrix an der Raritätensuchaktion im Tessin, 27.–29. April 2018

Freitagabend, 27. April 2018

Wer schon letztes Jahr an der vom CHClub300 organisierten Raritätensuchaktion im Tessin mitmachte, konnte sich diesen Anlass natürlich auch heuer nicht entgehen lassen. Letztes Jahr wurden mehrere Weissbartgrasmücken, Rotkopfwürger, Rötelschwalbe, Halsbandschnäpper und viele weiteren seltenen Arten entdeckt – was sollte uns in diesem Jahr erwarten?
Die meisten Natrixler reisten bereits am Freitagabend ins Tessin, um dann am Samstagmorgen so früh wie möglich ins «Feld» stechen zu können. Die Zelte waren ziemlich schnell auf dem Zeltplatz in Tenero aufgebaut und so ging es dann auch sogleich ins Feld. Highlight waren zwei Brachpieper. Die am Nachmittag noch anwesenden zwei Kurzzehenlerchen waren leider nicht mehr da.
Als es langsam eindunkelte, machten wir uns auf die Suche nach Zwergohreulen – und tatsächlich fanden wir dann wirklich nach einigem Suchen drei simultane Sänger in einem kleinen Wäldchen. Unglaublich! Ein paar von uns konnten eine davon sogar noch im Lichtstrahl der Taschenlampe auf einem Ast sitzend beobachten. Nachdem wir diesen Mittelmeerboten ausgiebig gelauscht hatten, machten wir uns auf den Rückweg. Unterwegs konnten wir an einem weitern Ort nochmals zwei singende Zwergohreulen ausmachen. Das heisst, dass in der gesamten Magadinoeben an diesem Tag mindestens fünf Männchen sangen – eine sehr grosse Zahl! Danach bezogen wir zufrieden unsere Zelte und legten uns schlafen.
 
Samstag, 28. April 2018

Um etwa 5.30 Uhr klingelte schon der erste Wecker. Es war eine kurze Nacht. Wir teilten uns in drei Gruppen auf, die alle ein anderes Gebiet nach Raritäten absuchten. Die ersten Highlights und Lifer für einige Personen waren schon bald gefunden: Je ein singender Wendehals und Feldschwirl.
 
Hält sich bestimmt für besonders gut getarnt:
ein hübscher Wendehals.

Etwas weiter bei Stallone entdeckten wir einen Brachpieper, der auf relativ kurze Distanz gleich bei der Landebahn des Flugfelds nach Nahrung suchte. Ein paar Schritte weiter lenkte ein Rotfussfalkenweibchen die Aufmerksamkeit auf sich. Zuerst flog es ein paar Runden, bevor es sich auf einem Acker niederliess und dort für längere Zeit sitzenblieb, so dass wir es ausgiebig beobachtet konnten.

Ein typischer April-/Mai-Vogel: der Rotfussfalke.
Foto: Elias.

Auch viele Steinschmätzer, Braunkehlchen und Schafstelzen tummelten sich auf den Feldern. Aus den Bäumen entlang den Ufern des Ticinos sangen viele Nachtigallen. Dazu gesellte sich auch ein Pirol sowie mindestens eine Turteltaube, welche wir auch im Fernrohr betrachten konnten.

Die scheue Waldtaube zeigte sich für einmal sehr kooperativ.
Foto: Elias.

Dann ertönte plötzlich ein Sporpieper – aus unseren Smartphones wohlgemerkt. Über SBA wurde eine Weissbartgrasmücke nur wenige hunderte Meter entfernt auf der anderen Flussseite gemeldet. Natürlich rannten wir alle sogleich los. Vor Ort stiessen wir auf einige Ornithologen und es gesellten sich laufend weitere dazu. Es konnte auch die genaue Art bestimmt werden. Es handelte sich um eine Iberiengrasmücke. Bis vor kurzem behandelte man die verschiedenen Weissbartgrasmücken als Vertreter einer einzigen Art. Nun hat man sie alle in den Artstatus erhoben. Die Bestimmung ist aber schwierig und meist nur anhand des Rufs möglich. Man brauchte viel Geduld, da der Vogel sehr heimlich war und sich jeweils immer nur kurz im dichten Buschwerk zeigte. Elias gelang es als einzigem von uns, ein Belegfoto des hübschen Vogels zu machen.
 
Könnte sich in Sachen Kooperation eine Scheibe
bei der Turteltaube abschneiden: die adrette Iberiengrasmücke.
Foto: Elias.

Am Nachmittag nach Abschluss der Raritätensuche gingen wir auch noch in die anderen Sektoren birden. In diesen konnten wir unter anderem mehrere Rotkehlpieper, einen weiteren Brachpieper und zwei Ortolane beobachten.

Ornithologen freuen sich am Kleinvogelreihen in der Ebene – Ortolane, Brachpieper und ...
... hübsche Rotkehlpieper gab es zu sehen.
Beide Fotos: Elias.



Das längere Absuchen eines Uhu-Felsens blieb leider ohne Erfolg. Anscheinend war unser Eulenkontingent mit den 5 Zwergohreulen vom Vorabend schon ausgeschöpft, denn auch der Steinkauz, den wir unbedingt noch zu Gesicht bekommen wollten, liess sich partout nicht blicken. Dafür sollte uns eine andere Megararität beglücken. Direkt nach Erhalt einer Wiesenweihenmeldung in unmittelbarer Nähe konnten wir über den Feldern auch tatsächlich eine weissbürzelige Weihe entdecken. Allerdings machten uns einige nicht ganz zutreffende Merkmale stutzig und nach kurzer Zeit war klar, dass es sich um eine Steppenweihe handelte! Der Vogel war sehr aktiv und flog weit umher, liess sich aber immer wieder blicken und konnte auch fotografiert werden. Diese Beobachtung war wohl eines der grossen Highlights des gesamten Tessinwochenendes.
 
Die junge Steppenweihe durch Elias...
... resp. Merlins Kamera.
Auch Freudenspringen will gelernt sein: Ruben im Lifer-Jubel!

Danach machten wir uns langsam auf den Weg zurück zum Campingplatz, um dann am Abend auch pünktlich zur Pizzeria gehen zu können. In der Pizzeria trafen wir alle anderen Ornithologen, die ebenfalls an der Raritätensuchaktion teilgenommen hatten. In einer gemütlichen Runde liessen wir den Tag ausklingen, machten uns aber schon ziemlich bald wieder auf den Heimweg, da wir doch alle ziemlich müde waren ab diesem langen Tag, den wir fast ohne Pause draussen im Feld zugebracht hatten.

Sonntag, 29. April 2018

Trotz des anstrengenden vorangehenden Tages liessen es sich die unentwegtesten Natrixler nicht entgehen, schon um 6 Uhr in der Früh aufzustehen. Doch wer so früh den warmen Schlafsack verlässt, sollte auch belohnt werden. So konnten die Frühaufsteher in der Bolla Rossa ein Kleines Sumpfhuhn entdecken, das vor dem Hide herumspazierte. Weiter sollte es bei Stallone gehen. Dort stiess auch der später, aber immer noch früh aufgestandene Rest dazu. Dort, wo schon gestern ein Brachpieper war, entdeckten wir heute sogar zwei. Beide liessen sich lange und auf relativ kurze Distanz super beobachten.
 
Il calandro – nein, keine Kalanderlerche,
aber immerhin ein hübscher Brachpieper.

Auf dem grossen Acker, wo am Vortag das Rotfussfalkenweibchen sass, entdeckte Levi noch einen Ortolan. Leider zeigte er sich nur kurz und es konnten ihn nicht alle beobachten. Dennoch war dies ein toller Abschluss und danach ging es zurück zum Zeltplatz, wo wir die Zelte abbauten und die Hartgesottenen noch ein Bad im frischen Lago Maggiore nahmen.
 
Die härteste Jugendgruppe der Schweiz.

Dann fuhren wir zum Bahnhof Locarno, wo wir unsere Fahrräder zurück nach Hause verschickten. Die Zeit, die uns vor der Zugabfahrt noch blieb, wollten wir nutzen, um den Fahlseglern einen Besuch abzustatten. Leider machte uns Petrus hier einen Strich durch die Rechnung, indem er es wie aus dem Nichts aus allen Kübeln regnen liess.
 
Levi lässt sich auch vom Regen nicht davon
abbringen, Locarnos Fahlsegler zu finden.

Statt zur Kirche begaben wir uns jetzt halt zu einer gemütlichen Gelateria, wo wir vorzügliche Gelati geschützt unter Regenschirmen geniessen konnten. Danach ging es auch schon nach Hause. Zu Ende ging ein durchs Band gelungenes Tessinwochenende!

Bericht und Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Merlin Hochreutener.

Sonntag, 22. April 2018

Bergvogelwochenende im Pizol-Gebiet, 21.–22. April 2018

Am Samstagmorgen trafen wir uns am Hauptbahnhof Zürich und fuhren vergnügt nach Bad Ragaz. Dort konnten wir freundlicherweise unsere Rucksäcke ins Auto verladen und dann machten wir uns frohen Mutes zu Fuss auf den Weg. 

Zu Fuss vom Tal ins Mittelsäss, belohnt mit Panorama, 
schönen Vögeln und tollen Erlebnissen.

Im unteren Teil der Strecke ging es durch einen schönen Wald, in dem die Blätter frisch ausgetrieben waren. Wir konnten einen Berglaubsänger beobachten und nur wenige Meter später flog ein Waldlaubsänger minutenlang in vollem Singflug über unseren Köpfen! Zusammen mit dem grünen Blätterdach: eine wunderhübsche Kombination!


Grün in Grün: der Waldlaubsänger im Blätterdach.
Foto: Elias.

Bei unserem Gepäck angekommen, stärkten wir uns, um das letzte Stück in Angriff zu nehmen. Bei der Ankunft im Mittelsäss waren wir alle erschöpft und ruhten uns in der Sonne aus oder spielten am Töggelikasten. Unterdessen wurde fleissig Holz gehackt, um den Herd und das Cheminée einfeuern zu können.

Dann hatten wir die coole Idee, die Natrixflagge vor der Hütte zu hissen: Sie machte sich extrem gut! Im Wald neben der Hütte wollten wir einen Weissrückenspecht entdecken. Da wir aber nichts fanden, machten wir eine ausgiebige Schneeballschlacht, bis wir wieder zur Hütte zurück mussten. 

Die Mädchen erklärten sich freundlicherweise bereit, über dem Feuer zu kochen. Unterdessen begaben sich die anderen auf Ringdrossel-Pirsch oder schlittelten am Hang. Der Znacht, Chääshörnli und Salat, war sehr fein und wurde so bis auf den letzten Rest weggeputzt. 

Ringdrossel auf Frühlingswiesland – und goldenem Schnitt!
Foto: Levi.
Talwärts.
Foto: Elias.
Severin und Béla "helfen" bei der Essenszubereitung.

Danach teilten wir uns in drei Gruppen auf und verteilten uns auf der Lichtung rund um das Mittelsäss. Die mittlere Gruppe entdeckte eine überfliegende Waldschnepfe als erste. Die beiden anderen, per Telefon informierten Gruppen, sahen sie wenig später ebenfalls. Die untere Gruppe konnte sogar ganz kurz zwei ausmachen. Einige aus der oberen Gruppe hörten zudem von sehr weit weg einen singenden Raufusskauz. Als es komplett dunkel war, kehrten wir um und gingen ins Bett. Einige verbrachten die sternenklare Nacht draussen mit Sternschnuppen und sogar einem kleinen Feuerwerk auf der anderen Talseite, leider aber ohne Raufusskauz.


Andere Jugendgruppen verteilen Kleberli die Natrix hisst kurzerhand die Flagge! ;-)

Am Sonntagmorgen standen wir um 4.45 Uhr auf und assen Brot mit Schokolade. Dann zogen wir unsere Schneeschuhe an und wanderten im Dunkeln die Skipiste hinauf bis zur Waldgrenze. Unterwegs hörten wir weder Sperlingskauz noch balzende Birkhühner, so dass wir schon Angst hatten, wir würden auf unserer Morgenexkursion leer ausgehen. 

Aufstieg im Morgengrauen.
Bald kommt die Sonne – steil ist es aber immer noch.

Als wir oben ankamen, ging gerade die Sonne auf und wir konnten den ersten Birkhahn auf einer Tanne entdecken. Es folgten weitere, teilweise auch näher und in sehr schönem Licht. Insgesamt konnten wir mindestens acht Birkhühner beobachten, darunter zwei Weibchen und ein balzendes Männchen auf einer Anhöhe. 

Glänzt und leuchtet in der Morgensonne: der Birkhahn.
Foto: Merlin.
Zum Abschluss der Vorstellung gibt es noch die Hinterseite zu bestaunen.
Foto: Levi.

Während wir die Birkhähne und einen umherfliegenden Kuckuck beobachteten, hörten wir plötzlich die Rufe eines vorbeifliegenden Alpenschneehuhns. Wir machten uns in die Richtung auf, wo wir es hatten landen sehen, als wir plötzlich einen auffallend grossen Raufusshuhn bergauf stolzieren sahen. Im Fernrohr konnten wir sehen, dass er keine gebogenen Schwanzfedern, aber gleichzeitig weisse Unterschwanzdecken hatte und kamen daher zum Schluss, dass es sich um einen Rackelhahn handeln musste. Rackelhähne sind Hybriden zwischen Birk- und Auerhuhn, die vor allem in Gebieten mit abnehmendem Auerhuhnbestand auftreten. Wir freuten uns noch über die Entdeckung dieses seltenen Hybriden, als wir das Alpenschneehuhn erneut hörten. Kurz darauf streckte es den Kopf hinter ein paar Steinen hervor. 


Das Alpenschneehuhn – eine unverhoffte Zugabe.
Foto: Levi.

Überglücklich über die erfolgreiche Morgenexkursion machten wir uns auf Plastiksäcken schlittelnd auf den Rückweg. Merlin, Levi und Béla machten einen Umweg und wurden mit zwei nahe kreisenden Steinadlern belohnt.

Foto: Merlin.

Zurück im Mittelsäss trockneten wir unsere Kleider an der Sonne, assen ein zweites Zmorgen und begannen unsere Sachen zu packen. Nach der Schlüsselübergabe machten wir uns zu Fuss mit unseren Rucksäcken auf nach Bad Ragaz. 

Die Natrix vor Heidiland-Kitschkulisse.
Foto: Andrea.

Unterwegs fanden wir einen toten Eichelhäher, den Merlin mitnahm, um ihn zu präparieren. Am Bahnhof wurde uns wegen des warmen Wetters netterweise von der Natrix ein Glacé spendiert und dann ging es schon wieder heimwärts. Im Zug hingen wir alle den grossartigen Beobachtungen von diesem zwar strengen, aber definitiv sehr gelungenen Wochenende nach.

Frühlingshafte Kontraste im Rheintal.

Bericht und Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Ruben Lippuner.