Samstag, 27. Juli 2013

SVS-Sommerlager im Grossen Moos, 22. - 27. Juli 2013

Ende Juli fand am Nordostufer des Neuenburgersees in der Region der bekannten Naturschutzgebiete Fanel und Chablais de Cudrefin unter der Regie der Jugendgruppe Natrix das Sommerlager des Schweizerischen Vogelschutzes statt. 12 Teilnehmer lernten während sechs Tagen allerlei Spannendes über Vögel und andere Tiere, machten draussen wie drinnen unterschiedliche Spiele und genehmigten sich bei Temperaturen um 30 Grad immer mal wieder ein kühlendes Bad im nahen See. Im Folgenden berichten die Teilnehmer in Form eines Lagertagebuches von ihren Erlebnissen und Eindrücken - wir wünschen den Lagerteilnehmern, ihren Eltern und anderen Interessierten viel Lesespass!

Erster Tag - 22. Juli
Als alle Teilnehmer heil den Weg nach Ins geschafft hatten und alle Velos am Bahnhof abgeholt worden waren, konnte es endlich losgehen. Auf dem Weg zum Fanelhaus konnten wir Mäusebussard, Schwarzmilan sowie einige Schafstelzen beobachten. Im Fanelhaus nahmen wir dann sogleich die Zimmer in Beschlag und verpflegten uns anschliessend im Esszimmer bei Brot, Schokolade, Butter, Käse und Äpfeln. Die anschliessende Exkursion, die dem Erkunden des Fanel diente, führte uns auf den Berner Turm. Allerdings musste vorzeitig abgebrochen werden, wollte sich doch niemand einen Sonnenstich einfangen… Unter dem schattenspendenden Baum war es bedeutend angenehmer und nach einem Kennenlernen-Spiel (Training des Kurzzeit-/Langzeitgedächtnis inklusive ;-)) waren auch alle Teilnehmer miteinander und den Hasenbratenvorlieben eines bestimmten Teilnehmers vertraut. Dank der Spielidee von Andrea und Selina konnten wir bei grosser Hitze ein eher ruhiges, aber nicht minder lustiges Spiel spielen: das Eichhörnchen-Eichelhäher-Spiel. Nach einigen Partien Fussball und „interessanten“ Gesprächen zweier „Clash of Cleans“ (Online-Game)-Suchtis tönte es auch schon aus der Küche: „Essen fertig!“. Bei sämigem Kartoffelstock, mit Tofu gespicktem Couscous, würzigem Grillkäse, Gemüse und Salat konnten alle schlemmen und ihre Mägen füllen. Nachher ging es, als alle Zähne geputzt und alle Ämtchen erledigt waren, auch schon ins kuschlig weiche Bett.

Zweiter Tag - 23. Juli

Die Tagwache für die wenigsten Teilnehmenden war um 04:10 Uhr mit einem zweistündigen Aufenthalt auf dem Damm. An der Szenerie war wahrlich nichts auszusetzen - der Sonnenaufgang war wieder einmal ein echtes Spektakel:

Impressionen vom Sonnenaufgang, den die frühen Vögel auf dem Damm sehen durften.
Alle Fotos: Meo Sauter.
Daneben machten aber auch die Vögel von sich reden, konnte sich die ornithologische Ausbeute doch sehen lassen: Eine Küstenseeschwalbe, ein Steinwälzer sowie mehrere singende Zilpzalpe konnten ausgemacht werden. Zudem sang unweit aus einem Kornfeld eine Wachtel. Als auch die drei unentwegten Frühaufsteher (Meo, Nico und Merlin) wieder im Fanelhaus eingetrudelt waren, konnten sich alle bei einem ausgiebigen Frühstück Energiereserven für den beginnenden, sehr heissen Tag anessen. Wiederum angekommen auf dem Damm – diesmal allerdings mit der ganzen Gruppe – begrüsste uns eine Bartmeisenfamilie mit ihren typischen „pscheng“-Rufen. Plötzlich sprang Eric auf und verkündete, die Küstenseeschwalbe wieder entdeckt zu haben.

Adrett - die wohl schon seit längerem im Chablais de Cudrefin anwesende Küstenseeschwalbe gewährte auch den Lagerteilnehmern eine Audienz. Sie war aber nicht allein...
Foto: Merlin Hochreutener.

... denn kurz darauf bestimmte er sogar noch eine zweite! Neben diesen beiden Gästen erregte aber noch ein weiterer ornithologischer Leckerbissen aus dem Norden unsere Aufmerksamkeit: Nicht weit vom Damm weg schwamm ein Mittelsägerweibchen mit ihren beiden wenige Tage alten Küken! Brutnachweise dieser Art sind in der Schweiz eine Seltenheit. Leider sollten die Jungen die nächste Woche nicht mehr erleben, sie fielen wohl Beutegreifern zum Opfer.

Beleg eines seltenen Ereignisses: ein Brutnachweis des Mittelsägers.
Foto: Merlin Hochreutener.
Beim Fotografieren huschte eine Ringelnatter an unseren Füssen vorbei. Erschrecken und Erstaunen machten sich breit, denn nicht alle Tage sieht man dieses Reptil, welches der (nämlich der tollsten ;-)) Jugendgruppe der Schweiz ihren Namen leiht. Die Ringelnatter heisst auf Lateinisch „Natrix natrix“.

Als wir uns mit unserem mitgebrachten Lunch gestärkt hatten, brachen wir der Hitze wegen auf in Richtung Strandbad Cudrefin. Bei erfrischendem Bad und gechilltem Bräunen verbrachten wir den Nachmittag. Als die Temperaturen etwas abgekühlt hatten, führten uns die Leiter auf den Gemshoger. Schon in der Lagune konnten wir vier Nachtreiher in allen möglichen Alterskleidern ausmachen, nämlich zwei Individuen im ersten Kalenderjahr, eines im zweiten und eines, welches schon adult war. Auf den beiden Vogelinseln, der Berner und der Neuenburger Insel, konnten wir insgesamt sechs Limikolenarten (Watvögel) feststellen: Es waren dies der altbekannte Steinwälzer, drei Sichelstrandläufer, drei Alpenstrandläufer, ein Bruchwasserläufer, ein Kampfläufer und mehrere Dutzend Grosse Brachvögel. Vor dem Abendprogramm verwöhnte uns Patrick mit Spaghetti Bolognese respektive Napoli für die in Überzahl stehenden Vegetarier und viel Salat. Ins Bett ging es jedoch erst nach einem Block über den Vogelzug mit Patrick. Dabei konnte auch ein sehr schöner Dachs beobachtet werden, der nicht weit von der Gruppe in hohem Tempo das Feld hinter dem Fanelhaus querte.

Dritter Tag - 24. Juli

Eigentlich wollten einige der eher älteren Teilnehmer frühmorgens auf den Damm, jedoch konnte Merlin nicht wachgerüttelt und Eric wegen des Regens nicht motiviert werden, und so schloss sich auch der nicht demotivierbare Meo der Mehrheit an und schlüpfte wieder ins warme Bett :-).

Nach dem Frühstück, bestehend aus verschiedenen Müeslis, Bröter (oder doch Brote oder Brotlaibe? ;-P), Konfitüre und Milch inklusive Zubehör (Ovomaltine), gingen wir ins SVS-Naturschutzzentrum La Sauge. Dort hatten wir die Gelegenheit, den Beringern Carl Antonio Balzari und François Turrian über die Schultern zu schauen. Die folgenden Bilder zeigen einige Vogelarten, die an diesem Morgen ins Netz gingen und vom Beringerteam vermessen und beringt wurden:
Farbenfroher Shootingstar: ein Grünfink.
Foto: Meo Sauter.


Einige Teilnehmer waren von den Vögeln so begeistert, dass sie ihnen fast etwas zu sehr auf die Pelle rückten, aber zum Glück wusste sich das Amselmännchen zu wehren:
"Weg da!" wird sich die Amsel zu recht gedacht haben...
Foto: Meo Sauter.
Ein häufiges, deswegen aber nicht minder beliebtes Fotosujet waren Mönchsgrasmücken, zu dieser Jahreszeit wohl v.a. lokale Brutvögel.
Foto: Eric Christen.

Auch die unscheinbarere Verwandte gab es zu bestaunen: eine Gartengrasmücke.
Foto: Meo Sauter.
Das Highlight war ein junger Eisvogel. Anja lag beim Gewichtschätzen am nächsten und war somit die Glückliche, welche den prächtigen Kerl in der Hand halten und freilassen durfte. 

Ein letztes Foto vor dem...
... Abflug!
Beide Fotos: Meo Sauter.
Beim anschliessenden Entdeckunsrundgang durch La Sauge zog beim Hide (Beobachtungshütte) Nummer zwei am Ufer des Grand Étang ein diesjähriger, äusserst fotogener Nachtreiher, welcher von Merlin im Stile Patrick Doninis abgelichtet werden konnte, die Blicke aller Teilnehmenden auf sich. 

Voller Körpereinsatz für den Nachtreiher!
Foto: Eric Christen.
Die Verrenkungen zahlten sich aus, gelang Merlin doch folgender Schnappschuss:

Hier gelüstet es wohl jemand nach einer leckeren Kaulquappe... Ein diesjähriger Nachtreiher am Grand Etang des SVS-Naturschutzzentrums La Sauge.
Foto: Merlin Hochreutener.

Nach dem Lunch teilte sich die Gruppe in zwei: Die einen düsten in die Badi, die anderen fuhren ins Chablais de Cudrefin und anschliessend zum Gemshoger. Die Beobachtungen umfassten zwar nicht viele neue Arten, aber doch eine Küstenseeschwalbe, einen Steinwälzer sowie einen Dunklen Wasserläufer. Am frühen Abend verwöhnte uns Patrick einmal mehr, nämlich mit exzellentem Risotto und Salat. Danach folgte der von Eric gestaltete Eulen-Abend mit dem Ziel, in der Krümmi einen sehr seltenen Kauz zu beobachten (Name dieser seltenen Eulenarte ist den Teilnehmern bekannt ;-)) und in der Früchtschür Schleiereulen beobachten zu können. Leider spielten der seltene Kauz nicht, und die Schleiereule nur halb mit (nur Merlin konnte sie kurz „überhinfliegend“ beobachten), und somit wurde in der Nacht wieder das Fanelhaus aufgesucht. Immerhin konnten alle den Gesang der Wachtel und die Rufe der vielen Schafstelzen vernehmen.

Vierter Tag - 25. Juli 

Als um 07:30 Uhr alle Teilnehmer aus den Betten geholt wurden, hatten einige schon einen dreistündigen Aufenthalt auf dem Gemshoger hinter sich gebracht. Höhepunkte waren ein Rotschenkel, eine Eiderente und ein adultes Zwergdommelmännchen, welches sich prächtig im nah gelegenen Schilf präsentierte. 

Die Sonne über dem Fanel - die Frühaufsteher wurden auch mit einer unvergesslichen Morgenstimmung belohnt.
Foto: Patrick Mächler.

Während des Morgenessens konnten aus dem Fenster noch Turteltaube und Kernbeisser der Lagerliste hinzugefügt werden. Weil heute das Thermometer laut Wetterprognose auf mehr als 30 Grad klettern sollte, gingen wir am Morgen auf Heuschreckenpirsch, um die noch kühleren Stunden auszunutzen. Die Temperaturen pendeltn sich aber jetzt schon auf einen neuen Höchststand ein und so ging es relativ schnell ins Bad. Trotzdem konnten wir mit Kurzflügeliger Schwertschrecke und Westlicher Dornschrecke zwei eher resp. sehr seltene Arten beobachten. 

Die Westliche Dornschrecke kommt in der Schweiz nur im Drei-Seen-Land und in der Region Genf vor - in diesem Habitat scheint es ihr zu gefallen.
Foto: Eric Christen.

Den restlichen Tag verbrachten wir im See. Im erfrischenden Bad und bei Spielen auf dem Floss  konnten wir der quälerischen Hitze entgehen. Angemerkt sei, dass Jakob und Eric einen fremden Mann, auch Brummbär genannt, insgesamt viermal vom Floss vertreiben konnten (natürlich nur zum Spass). Gegen Abend ging es dann mit Sonnenbrand einiger Teilnehmenden zu Gschwellti nach Hause. Der Tag fand mit einigen Partien Fussball und einer Fledermaus-Exkursion ohne Fledermausbeobachtungen und einer feinen Schokoladencreme ein tolles Ende ;-).

Andreas am Ball - die Spannung steigt.
Foto: Merlin Hochreutener.


Fünfter Tag - 25. Juli
Tagwache war um 07:30 Uhr. Heute gingen wir nicht früh Vögel beobachten, sondern assen gemütlich Frühstück. Um 09:30 Uhr starteten wir mit einem Birdrace. Alle Teilnehmer wurden in vier Gruppen unterteilt, mit dem Ziel, innert vier Stunden möglichst viele Vogelarten nachzuweisen. Jede Vogelart musste von allen Gruppenmitgliedern gesehen oder zumindest gehört werden. Kurz vor Ende trafen auch die letzten Teams ein – im Vergleich zum letzten Jahr kam niemand mit Verspätung zurück zum Fanelhaus, denn dabei hätte pro Minute Verspätung eine Art Abzug als Strafe gedroht. Jedes Team konnte zwischen fünfzig und siebzig Vogelarten entdecken und bestimmen. Um 13:45 Uhr fuhren wir los in Richtung Badi. Wir freuten uns, dass wir endlich schwimmen gehen konnten, denn es war sehr heiss. Am Abend fuhren wir gemütlich, aber auch etwas traurig, da dies der letzte Lagertag war, nach Hause. Zum Essen gab es Polenta und Ratatouille. Nach einer weiteren Partie Fussball liessen wir den Abend - und irgendwie auch schon das diesjährige Lager - mit Guetzli, Jassen und "Radio ABCDRS 3" ausklingen. Das obligate Gruppenfoto im Abendlicht auf unserem "Fussballfeld" vergassen wird dabei aber nicht:

Die Teilnehmer und die drei Leiter vor dem Fanelhaus - Lächeln nicht vergessen ;-)
Foto: Merlin Hochreutener.

Sechster und letzter Tag - 26. Juli
Für heute stand nichts Aussergewöhnliches mehr auf dem Programm. So musste nach dem Morgenessen gepackt und die Schlafzimmer staubgesaugt werden. Aber auch dieser eher unbeliebte Lagerteil liess sich speditiv erledigen (sogar die Kaugummi-Sünder zeigten Einsicht…) und somit war das Gepäck auch schon verladebereit. Dank Anjas Zeichentalent hatten wir auch einen der schönsten Tagebucheinträge. Heute sollte der heisseste Tag des ganzen Lagers werden, weshalb sich alle freuten, als es plötzlich für zehn Minuten stark regnete. Der Regen bewirkte aber genau das Gegenteil. So stieg die Luftfeuchtigkeit ins Unermessliche, und dies bei gleichbleibender Temperatur – ein richtiges Tropengefühl kam auf. Nach nur vier Minuten Fussmarsch (ohne Gepäck wohlgemerkt) zum Berner Turm als letzte Exkursion waren alle schon so lahm, dass die wenigsten Teilnehmenden noch Energie hatten, die Lagune und die Inseln nach unseren befiederten Freunden abzusuchen. Alle bevorzugten einen Aufenthalt im mit 30 (?) Grad noch kühlen Schatten... Nachher hiess es Abschied von Patrick zu nehmen, der das Haus fertig putzte, und wir machten uns mit Jakob ohne Gepäck auf zum Bahnhof Ins. Dort wurden das Gepäck von Eric aus dem Auto geholt und einige Eltern schon in Empfang genommen.

Zu Ende ging ein Lager mit vielen schönen Beobachtungen (exakt 111 verschiedene Vogelarten konnten wir beobachten!) und mehreren neu kennengelernten Gspänli. Vielen Dank für die kompetente Lagerleitung an Jakob, Eric und Patrick. Bis zum nächsten Jahr!

Bericht: alle Teilnehmer des SVS-Sommerlagers.