Sonntag, 28. Mai 2017

Auffahrtslager in der Region Amden

Weil das Fanelhaus, wo das Frühlingslager der Natrix meistens stattfindet, schon früh ausgebucht war, entschieden sich die Leiter für ein Lager in Amden. Das Dorf thront über dem Walensee und liegt auf St. Galler Kantonsgebiet. Die Region ist für ihre Bergvögel bekannt. Wir hatten Glück mit dem Wetter, denn es war fast immer sonnig und recht warm.

Erster Tag: Donnerstag, 25. Mai

Am Morgen trafen wir uns gespannt am HB und fuhren mit der S-Bahn nach Ziegelbrücke, von wo aus es mit dem Postauto nach Amden weiterging. Die Bushaltestelle war unmittelbar neben unserer Unterkunft, zu der indirekt auch ein Hallenbad gehört. Wir gingen kurz ins Haus, um unser Gepäck loszuwerden.

Ausblick aus unserer Unterkunft: Schweizer Bergidylle in Bullaugenoptik - wo sonst
gibt es Gebirgs- und Hochseefeeling gleichzeitig? ;-)
Foto: Patrick Mächler.

Bald darauf machten wir uns auf eine erste Erkundungswanderung. Wir marschierten bergauf durch den Wald, wo wir u.a. den Gesang eines Berglaubsängers hörten. Nach einer Mittagsrast gelang uns die Beobachtung eines Zitronengirlitz, der für einen Moment auf einer Baumspitze verweilte. Auf einem hohen Gipfel war eine Gruppe Gämsen zu sehen und Steinadler flogen ab und zu vorbei. Baumpieper waren überall zu hören und manchmal auch schön zu sehen. 

Omnipräsent: der Baumpieper und sein etwas monotoner Gesang.

Nach einer Weile zog es uns wieder talwärts. In kleinen Tümpeln beobachteten Bergmolche und zur Krönung der ersten Exkursion durften wir einen sitzenden Steinadler bewundern, der es sich auf einem Baum gemütlich gemacht hatte:  

Aquila arborea.

Zweiter Tag: Freitag, 26. Mai

Am Freitag fuhren wir mit dem ersten Bus des Tages nach Arvenbüel, eine Ansammlung von Häusern oberhalb von Amden. Wenige Minuten nach unserer Ankunft konnten wir eine  singende Klappergrasmücke beobachten. Danach wanderten wir durch den Wald bergwärts und entdeckten unterwegs ein Gartengrasmückennest, dessen Standort der Vogel schlauerweise durch seine Rufe verriet... Weiter oben konnten wir auch eine Ringdrossel schön beobachten. Wir machten uns auf die Suche nach Dreizehenspechten, aber hatten kein Glück. 

Typische Landschaft ob Amden SG (und ein μ Kamerahülle).

Danach verließen wir den Wald und fanden nach recht erfolglosem Beobachten einen Haufen Federn. Die Federn waren schwarz-weiß und es gab viele, woraus wir folgerten, dass es ein ziemlich großer Vogel gewesen sein muss. Da alle Federn unbeschädigt waren (da fein säuberlich ausgezupft), muss der Jäger ein Vogel gewesen sein (Säugetiere würden die Federn abbeißen). Nachdem Levi eine gebogene schwarze Feder gefunden hatte, war klar, dass wir es mit den Überresten eines Birkhahns zu tun hatten. Leider, so merkten einige Zyniker an, zählen Vögel nur dann für die Liste, wenn sie noch warm sind... 
Bald darauf waren wir erneut in einem Dreizehenspechthabitat. Dieses Mal fanden wir ein paar merkwürdige Baumhöhlen, aber wiederum keine Spechte. Immerhin war aus der Ferne kurz ein Birkhuhn zu hören.
Als wir zurück in Amden waren, spielten wir trotz der Hitze Fußball zu Land und später Wasserball im Pool.

Dritter Tag: Samstag, 27. Mai

Am Samstag standen wir um 3.00 Uhr am Morgen auf, um in einem interessanten Gebiet in hochmontan-subalpiner Höhenstufe (;-)) eine Morgenexkursion zu machen. Oft balzen dort Birkhühner - ein Schauspiel, bei dem die Männchen um die Weibchen tanzen und kämpfen. Da das Postauto um 3 Uhr früh noch nicht fährt, mussten wir die sechs Kilometer bergauf gehen. Etwa ab 4 Uhr waren die ersten Vogelstimmen zu hören. Hausrotschwanz, Heckenbraunelle und Kuckuck sangen schon lange, bevor es hell war.

Frühmorgendlicher Ausblick Richtung Glarner Alpen.

Als wir am Zielort ankamen, war es schon ziemlich hell und nach wenigen Minuten entdeckten wir einen einzelnen balzenden Birkhahn. Wir waren beeindruckt von der Stimmung, als die Sonne ihre ersten Strahlen auf die alpine Moorlandschaft warf, in der der Birkhahn drauflos kullerte. Wir hörten auch das leise Fauchen, das die Hähne beim Balzen machen. Nach ein Paar Minuten flogen mindestens vier weitere Birkhähne vorbei. Zwei von ihnen landeten auf zwei Baumkronen, ein typisches Verhalten dieser Art. 


Mystisch: ein Birkhahn kullert um die Gunst der Weibchen.

Birkhähne baumen gerne auf, wenn sie nicht gerade liebestoll in der Balzarena herumrennen.

Sehr zufrieden gingen wir in den Wald, um zu frühstücken und auf weitere Vögel zu warten. Nach wenigen Minuten hörten wir einen Specht. Wir beobachteten ihn kurz und bestimmten ihn als Dreizehenspecht. Einen Augenblick später kam er zurück und blieb etwa 30 Sekunden auf einem nahen toten Baum, so dass die üblichen Merkmale gut zu sehen waren. Was für eine schöne Überraschung! 
Nach dieser Entdeckung beobachteten wir ein schönes Gartenrotschwanz-Männchen und nahmen den Rückweg Richtung Amden unter die Füße. Auf dem Weg trafen wir die Natrixler, die nicht mitgekommen waren, und ruhten uns ein bisschen aus. Die ganz Tapferen brachten noch Energie auf, um die eine oder andere Bergvogelart abzulichten:

Immer voll dabei: Elias und Levi.
Foto: Patrick Mächler.

Während der Rast beobachteten wir zwei schöne Wespenbussarde (lokale oder durchziehende Vögel?). Danach gingen wir wieder zum Lager und holten etwas Schlaf nach resp. vor, denn wir alle hatten Lust, am Abend nochmals aufzubrechen und eine Nachtexkursion zu machen.

Nach etwas Schlaf und viel Wasserballspaß ging es am Abend mit dem Bus nach Arvenbüel. Wir wanderten wieder in die Höhe, um Arten, die in der Dämmerung aktiv sind, zu sehen. Auf dem Weg beobachteten wir zwei Steinböcke, eine berühmte Schweizer Bergart, sowie Zitronengirlitze, einen Kuckuck, Ringdrosseln und eine Klappergrasmücke. Als wir das eigentliche Ziel unserer Exkursion erreicht hatten, eine spannende Moorlandschaft, war es schon fast dunkel. Wir fanden einen Platz, wo wir gut sitzen konnten und warteten. Plötzlich hörten wir den knurrenden Balzruf der Waldschnepfe, und wenig später flog sie sogar über unsere Köpfe hinweg! Welch fantastische Beobachtung - und welch großes Glück dazu, denn hätten wir nur etwas weiter unten gestanden, wäre sie wohl unbemerkt an uns vorbeigeflogen. Nachdem sich unsere Aufregung gelegt hatte, hörten wir den Gesang zweier Raufußkäuze - ein unheimliches, aber auch schönes Geräusch. Unter einem beeindruckenden Sternenhimmel und bei sommerlich warmen Temperaturen wanderten wir um 22 Uhr los zurück Richtung Amden, wo wir kurz vor Mitternacht erschöpft, aber zufrieden ins Bett fielen.

Vierter Tag: Sonntag, 28. Mai

Am letzten Tag des Lagers mussten wir alle beim Aufräumen und Putzen helfen. Da wir schneller als erwartet fertig geputzt hatten, hatten die Leiter die Idee, ein Mini-Birdrace zu veranstalten. Wir bildeten zwei Gruppen und mussten so viele Arten wie möglich zählen. Die Gewinner hatten am Ende nur eine Art mehr als die Verlierer, ein knapper Ausgang! Nach diesem letzten Nervenkitzel machten wir uns auf den Heimweg und fuhren zurück nach Zürich.

Bericht und Fotos ohne Vermerk des Fotografen: Benjamin.