Samstag, 30. Juni 2018

Auf Geiersuche im Berner Oberland


Um 6.45 Uhr trafen wir uns am Treffpunkt am HB Zürich und fuhren mit Zug und Postauto vie Bern nach Boltigen, Reidenbach. Von dort aus wanderten wir los Richtung Walopsee. In einem Obstgarten konnten wir jagende Grauschnäpper sehr schön beobachten. Wir diskutierten gerade über einen vorbeifliegenden Schmetterling, als die ersten Gänsegeier über den Berggipfeln entdeckt wurden. Sie schraubten sich über dem Rotenchaste hoch und zogen Richtung Osten ab, aber es kamen immer wieder neue hinter dem Berg hervor! Auch ein Steinadler liess sich von den hellbegeisterten Natrixlern beobachten. Topmotiviert wanderten wir an den Fuss des berüchtigten «Hangs»: 500 Höhenmeter werden auf etwa einem Kilometer Distanz im Zickzack überwunden. 

Auf- und geierwärts.

In der schwülen Hitze kämpften sich aber alle tapfer hinauf, einige
– wohl von den Geiern beflügelt – sprinteten ihn geradezu hoch! Als wir schon ein gutes Stück hinter uns hatten, flogen alle Geier wieder Richtung Westen. Plötzlich war der ganze Himmel voll! 35 Individuen dieser eindrücklichen Art konnten wir zählen, die über unseren Köpfen kreisten.

Geier satt – was für ein Anblick!
Foto: Merlin Hochreutener.

Oben angekommen waren alle sehr erschöpft und nahmen eine verdiente Stärkung zu sich.

Blick Richtung Südosten – wo sind die Geier?

Unterdessen flogen wieder vereinzelne Gänsegeier herum. Merlin hatte sich vorgenommen, im Walopsee baden zu gehen (trotz angeblicher gefährlicher Strudel?!), und andere schauten ihm dabei vom Weg aus zu, als plötzlich ein Gänsegeier auf Höhe der Baumwipfel herangegleitet kam. Diejenigen, die glücklicherweise ihre Kamera dabeihatten, schossen ununterbrochen Bilder und die anderen genossen schlicht die fantastische Beobachtung. Levi gelang dieses tolle Bild von Gyps fulvus:


Da stockt wohl jedem der Atem:
über zwei Meter Spannweite im Anflug!

Nach dieser beeindruckenden Begegnung war es auch schon wieder an der Zeit, den Abstieg anzutreten, ohne dass wir einen Mönchsgeier oder Schlangenadler gesehen hatten, die an dem Tag beide ebenfalls im Gebiet waren. Ein Teil der Gruppe konnte aber noch junge Steinadler im Horst beobachten. Die anderen hielten derweil überall Ausschau nach Schlangen zwischen den Steinen, wurden aber leider nicht wirklich fündig. Wir hatten das Thema schon abgehakt, als Elias weiter unten, fast im Tal, plötzlich eine ganz dunkle Schlange an einem Bächlein entdeckte. Den Reptilienkennern war sofort klar: Das ist eine seltene melanistische Aspisviper! Aber Achtung beim Fotografieren: Sie ist giftig!

Die Natrixler freuen sich über den unverhofften ophiologischen Fund.

Erfreut über dieses zusätzliche, unerwartete Highlight machten wir uns auf zur Bushaltestelle. Im Zug schauten wir uns das Fussball-WM-Spiel Frankreich – Argentinien an. Dafür standen alle eng gedrängt um Merlins iPad in einem Abteil der BLS, ein ungewohnter Anblick. In Spiez stiegen wir um und die Zeit reichte gerade noch für ein Glacé. Nachdem wir in den Zug nach Bern eingestiegen waren, kam die Überraschung: Während unseres kurzen Aufenthalts hatte Frankreich den Spielstand von 1 : 2 auf 4 : 2 gedreht! Trotz verzweifeltem Kämpfen der Argentinier gelang ihnen nur noch ein Tor in der Verlängerung. Dieses interessante Spiel erheiterte unsere Heimfahrt im trotz Reservation vollgestopften Waggon. Der riesige Gänsegeier-Trupp war aber mit Abstand das eindrücklichste Erlebnis dieses sehr anstrengenden, aber äusserst gelungenen Tages, den wir alle nicht so schnell vergessen werden!

Bericht und Fotos: Ruben Lippuner.

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